Der Bundesgrenzschutz fährt mehr mit der S-Bahn

■ Nach S-Bahn-Überfällen am Wochenende hat BGS Einsatz verstärkt / Heute Beratung mit Polizei und S-Bahn GmbH / Diepgen und Stolpe: Mehr Sicherheit

Der Bundesgrenzschutz (BGS) hat seine Einsatzkräfte nach der Serie von Überfällen einer offenbar rechtsradikalen Gruppe am vergangenen Wochenende auf der S-Bahn-Linie 8 verstärkt. Seit Sonntag nacht wird jeder Wagen von „zwei bis drei Beamten der Bereitschaftsgruppe“ begleitet, sagte gestern der Pressesprecher des BGS, Volker Amler.

Die Verstärkung werde so lange beibehalten, „wie sie erforderlich und personell möglich ist“. Aber auch wenn die Aufstockung im Moment Priorität habe, so Amler weiter, sei das auf lange Zeit nicht machbar. Als Schwerpunkte gelten nach wie vor alle Strecken, die ab dem zentralen Bahnhof Ostkreuz stadtauswärts fahren.

Heute treffen sich die Leiter des Grenzschutzpräsidiums Ost, des Bahnpolizeiamtes und der kaufmännische Geschäftsführer der S-Bahn GmbH, Axel Nawrocki, um weitere Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit in S-Bahnen zu besprechen. „Es wird über alles nachgedacht“, sagte gestern die Pressesprecherin der Deutschen Bahn AG, Irene Libau. Für die Sicherheit des 280 km langen S-Bahn-Netzes seien für dieses Jahr neun Millionen Mark eingeplant, die eine Aufstockung des Personals aber nicht zuließen. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) forderte gestern in Briefen an den Ministerpräsidenten von Brandenburg, Manfred Stolpe (SPD), und den Chef der Deutschen Bahn AG, Heinz Dürr, Sicherheitspersonal während der gesamten Betriebszeit und die Installation von Videoüberwachungskameras. Darüber hinaus sprach sich Diepgen für ähnliche Maßnahmen wie bei der BVG aus, die private Wachschutzgesellschaften in den U-Bahnen einsetzt. Auch Stolpe (SPD) will eine intensivere Bewachung, Streifengänge der Polizei, die Installation von Alarmanlagen sowie die Verschließbarkeit der Wagen während der Fahrt.

Der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Michael Cramer, forderte gestern Axel Nawrocki auf, für einen Sicherheitsstandard wie bei der BVG zu sorgen. Außerdem müsse der Senat alles unternehmen, um die Fahrgastzahlen zu erhöhen, da die Erfahrung zeige, daß Gefahr für Fahrgäste fast ausnahmslos in nur schwach frequentierten Zügen drohe. Der innenpolitische Sprecher der FDP, Rolf-Peter Lange, forderte gestern den Innensenator auf, gegebenenfalls zur Gewährleistung der Sicherheit zusätzliche Mittel beim Finanzsenator einzuklagen.

Die Innenverwaltung teilte gestern mit, daß die Berliner Polizei die Sonderermittlungsgruppe für politisch motivierte Straßengewalt eingeschaltet habe, aber nicht befugt sei, präventive Kontrollen auf dem S-Bahn-Gelände durchzuführen. Heckelmann habe aber dem BGS angeboten, die Bereiche gemeinsamer Streifentätigkeit auszudehnen. Mit dem Ziel, durch die Präsenz im S-Bahn-Bereich die Sicherheit zu erhöhen, fänden gegenwärtig Gespräche zwischen dem Bundesgrenzschutz und der Berliner Polizei statt.

Nach Auskunft der BGS-Pressestelle sind derzeit auf der S8 auch zwei Streifen privater Wachfirmen pro Schicht im Einsatz. Deren Anzahl zu erhöhen, hält Pressesprecher Amler jedoch für wenig sinnvoll. Sie könnten bei „baseballschwingenden Glatzköpfen schnell überfordert“ sein.

Neue Erkenntnisse über die brutalen Überfälle am Wochenende, bei denen mehrere Reisende angegriffen, geschlagen und zum Teil schwer verletzt worden sind, gab es gestern nicht. Mittlerweile hat die Berliner Polizei die Ermittlungen übernommen, die der BGS als Bahnpolizei zunächst selbst geführt hatte. Nach wie vor sei unklar, so die Pressestelle, ob die drei Skindheads, gegen die eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung läuft, mit den Überfällen zu tun haben. Vielmehr liege die Vermutung nahe, daß die 10 bis 20 Täter aus der gleichen Gruppe kämen. Barbara Bollwahn