: Machtgerangel in den Alpen
■ Nach den Wahlen steht Österreich vor schweren Koalitionsverhandlungen
Wien (AFP) – Nach den herben Verlusten der Regierungskoalition bei den Parlamentswahlen in Österreich wird mit schwierigen Koalitionsverhandlungen zwischen der Sozialdemokratischen Partei (SPÖ) und der konservativen Volkspartei (ÖVP) gerechnet. Der ÖVP-Chef und Vize-Kanzler Erhard Busek, dessen Partei weniger eingebüßt hatte als die SPÖ, kündigte an, die Verhandlungen müßten auf einer neuen Grundlage geführt werden.
Die SPÖ war mit einem Ergebnis von 35,23 Prozent erstmals seit Kriegsende unter die 40-Prozent- Marke gerutscht. Auch die ÖVP erreichte mit 27,74 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis der Nachkriegsgeschichte. Großer Gewinner der Wahl ist die Freiheitliche Partei (FPÖ) des Rechtspopulisten Jörg Haider, die mit 22,64 Prozent erstmals mehr als 20 Prozent der Stimmen erhielt.
Sowohl Busek als auch SPÖ- Chef Bundeskanzler Franz Vranitzky bekräftigten am Wahlabend, daß sie ihre Koalition fortsetzen wollten. Rein rechnerisch wäre auch eine Koalition aus ÖVP und FPÖ möglich gewesen. Die Große Koalition verfügt nach den Wahlen zwar noch über die absolute Mehrheit im Nationalrat, verlor jedoch die Zweidrittelmehrheit, die für Verfassungsänderungen notwendig ist. Während die FPÖ 14 Sitze hinzugewann, büßten SPÖ und ÖVP 14 beziehungsweise acht Mandate ein.
Busek und Vranitzky gestanden die Niederlage ihrer Parteien ein. Vranitzky sagte im österreichischen Fernsehen, er wolle nun so schnell wie möglich in die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP einsteigen. Busek betonte, es gebe keine Alternative zur Großen Koalition. Jedoch hätten sich die Bedingungen für ihre Bildung geändert. In Wien wird erwartet, daß die ÖVP den Posten des EU-Kommissars besetzen will, der Österreich ab dem 1. Januar zusteht. Ferner wird damit gerechnet, daß die ÖVP eine Beschleunigung der Privatisierung der Staatsbetriebe durchsetzen will. Heide Schmidt, die Chefin des erstmals bundesweit angetretenen Liberalen Forums, begrüßte den Verlust der Zweidrittelmehrheit der Koalition. Ihre Partei errang zehn Sitze im Nationalrat. Die Vorsitzende der Grünen, Madeleine Petrovic, deren Partei sich von 4,8 auf 7,01 Prozent verbessern konnte, sagte, die Klarheit des ökologischen Programms der Grünen sei für ihren Erfolg verantwortlich.
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