„Dumpfer Menschenterror“

■ Neue Überfälle gegen Frauen und Ausländer in Berlin

Berlin (taz) – Die Polizei zählt die Verletzten. Täter findet sie selten. 34 Jahre alt ist die Frau, die Montag nacht in Potsdam aus einer Straßenbahn geworfen wurde. Die Frau stürzte gegen einen Pfeiler und verletzte sich dabei schwer. Sie hatte versucht, einer älteren Dame beizustehen, die von drei Skinheads in der Straßenbahn bedroht worden war. Die Männer hatten Geld verlangt.

35 Jahre alt ist der Nigerianer, der in derselben Nacht im Berliner Bezirk Friedrichshain vom Fahrrad gestoßen wurde. Vier bislang unbekannte Männer traten ihn danach mit Füßen und verletzten ihn mit einem Messerstich an der Hand. Sie entkamen mit seinem Rucksack, dem Fahrrad, Bargeld und persönlichen Papieren. Die vier sollen zwischen 16 und 20 Jahre alt sein.

Aber auch ältere Berliner schlagen zu. Die zwei Männer, die die Polizei gestern im Bezirk Schöneberg festnahm, sind 46 und 53 Jahre alt. Sie hatten einem tamilischen Blumenhändler die Ware entrissen und die Blüten abgebrochen. Das Opfer war daraufhin in eine türkische Imbißbude geflüchtet. Die Verhafteten hatten sich davorgestellt, ihr Opfer daran gehindert, die Zuflucht zu verlassen, und mit dem „Hitlergruß“ salutiert.

Von der Skinhead-Bande, die am Wochenende mehrere Personen aus fahrenden S-Bahn-Zügen werfen wollte und unter anderen einen Mosambikaner verletzte, fehlt jede Spur. Die Polizei hat zehn Zeugen ausfindig gemacht, die gestern nachmittag noch befragt wurden. Berlins Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) spricht von „dumpfem rechtsradikalem Menschenterror“. Er bietet dem Bundesgrenzschutz, der die S-Bahnen bewachen soll, die Unterstützung der Landespolizei an. Der Koalitionspartner SPD findet den Vorschlag wenig gelungen. Immerhin wird auch gegen Berliner Polizisten wegen ausländerfeindlicher Gewalttaten ermittelt. Berlins SPD-Parteichef Ditmar Staffelt regte an, für den Schutz der S-Bahnen die Angehörigen des ehemaligen Wachdienstes der Alliierten einzusetzen. Niklaus Hablützel