Arafats Polizei im Großeinsatz

■ PLO-Polizisten verhaften Hunderte von Aktivisten der islamistischen Hamas im Gaza-Streifen / Suche nach dem von Hamas entführten israelischen Soldaten weiter erfolglos

Gaza (AFP/AP) – Unter dem Druck Israels und der USA hat PLO-Chef Jassir Arafat im Fall des entführten israelischen Soldaten Nachschon Waksman die Kraftprobe mit der radikalen Palästinenserorganisation Hamas aufgenommen. Bei einer Großrazzia der palästinensischen Polizei, die in der Nacht zum Donnerstag begann, wurden im Gaza-Streifen 300 zum Teil führende Hamas- Mitglieder festgenommen. Hamas-Sprecher gaben bekannt, unter den Festgenommen sei der Hamas-Führer Ibrahim El Jasuri. Entgegen ersten Informationen konnten die beiden Hamas-Führer Chaled el Hindi und Mahmud el Sahhar entkommen. Ebenfalls festgenommen wurden sieben Journalisten, die im Besitz eines Videobands mit Aufnahmen von Waksman waren.

Es war das erste Mal, daß die Palästinenserpolizei so massiv gegen die den Nahostfriedensprozeß boykottierende Hamas vorging. Polizeichef Dschahili sagte, die Aktion werde fortgesetzt, bis der Soldat gefunden sei. Die Hamas hatte Waksman am Sonntag entführt und will ihn töten, wenn Israel bis Freitag abend nicht 200 Hamas-Mitglieder, darunter den Gründer Scheich Ahmad Jassin, freiläßt. Arafat hatte die Entführung am Mittwoch verurteilt und die Fahndung nach den Tätern angeordnet. 9.000 Mann sind jetzt auf der Suche nach Waksman.

In der Hamas brachen nach dem harten Vorgehen Divergenzen aus. Der in Israel inhaftierte Scheich Ahmed Jassin bat seine Organisation, den Soldaten zu verschonen. Hamas selbst kündigte aber an, sie wolle weitere Soldaten entführen. Hamas-Funktionär Mahmud Sahar drohte der palästinensischen Polizei mit Vergeltung für die Großrazzia.

Israels Premierminister Jitzhak Rabin schloß in einem Interview mit dem Militärrundfunk ein mögliches Eingehen auf die Forderungen der Hamas aus. Es gebe keinen „Handel“, sagte er. Einen Termin für die Wiederaufnahme der nach der Entführung ausgesetzten Autonomieverhandlungen nannte er nicht. Im israelischen Rundfunk sagte Rabin, die Freilassung des Soldaten sei ein „wesentlicher Test“ für die Glaubwürdigkeit des Chefs der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Die Autonomiebehörden und Arafat müßten nun beweisen, daß sie ihre Gebiete unter Kontrolle hätten.

Unterdessen wurden bei den Friedensverhandlungen zwischen Israel und Jordanien offenbar entscheidende Fortschritte erzielt. Rabin sagte gestern, sein Treffen mit Jordaniens König Hussein am Mittwoch habe „einen großen Schritt hin zu einem Friedensvertrag mit Jordanien bis zum Ende des Jahres“ ermöglicht.