Mit Paragraphen gegen die Wüstenbildung

■ Wüstenkonvention unterschriftsreif

Berlin (taz) – In 100 Ländern dieser Erde verwandelt sich das Ackerland langsam in Wüste. Vieh und Pflanzen sterben, die Lebensgrundlage von 900 Millionen Menschen ist in Gefahr. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat menschliches Tun zur Versteppung einer Fläche – so groß wie Indien und China zusammen – geführt. Dem soll nun eine UNO-Konvention Einhalt gebieten, die ab heute in Paris zur Unterzeichnung ausliegt. Welche Maßnahmen genau ergriffen werden sollten – ob Aufforstung, bessere Bewässerungsmethoden oder der Bau von Barrieren gegen Erosion –, schreibt die Konvention allerdings nicht vor, da dies von den lokalen Bedingungen abhängt.

Mali bietet ein Beispiel, wie landwirtschaflich nutzbares Land zerstört wird. Regierung und Entwicklungshilfeorganisationen fanden, man könne das Land an den Ufern des Nigers viel effizienter nutzen. Durch Bewässerungsprojekte und verbesserte Anbaumethoden wurde die Ackerfläche ausgeweitet, immer mehr Menschen siedelten in Flußnähe. Dadurch aber wurde den Viehhirten ihr Weideland genommen. Ihre Herden tragen nun durch Überweidung zur Zerstörung der trockenen Gebiete im Norden Malis bei.

Was kann nun aber eine internationale Konvention dagegen erreichen? Sie fördert das Zusammenwirken von betroffenen Staaten mit Geberländern aus dem Norden und örtlichen Gruppen. Regierungen verpflichten sich, die Bodenfruchtbarkeit in Trockengebieten besser zu schützen. Unep, das Umweltprogramm der UNO, schätzt, daß dafür 10 bis 22 Milliarden US-Dollar (15 bis 33 Milliarden Mark) pro Jahr nötig sind – nur eine Milliarde Dollar werden derzeit tatsächlich aufgebracht. Doch den reichen Ländern des Nordens konnten die betroffenen Entwicklungsländer nicht die geringsten finanziellen Zusagen abringen.

Entwicklungspolitische Gruppen glauben, daß die Wüstenkonvention zudem grundsätzlichere Probleme angehen müßte, zum Beispiel die Frage von Bodenreformen. Von den Bauern seien kaum Investitionen in den Schutz des Bodens zu erwarten, wenn ihnen das Land nicht gehört. Auch die Länder des Nordens müßten in die Pflicht genommen werden. Wenn die EU etwa subventioniertes Rindfleisch nach Westafrika liefere, müßten afrikanische Viehzüchter ihre Lebensgrundlagen noch viel drastischer ausbeuten, um in diesem Wettbewerb überleben zu können. Um ihre Schulden beim Norden abzuzahlen, müssen die Entwicklungsländer in Intensivlandwirtschaft Produkte für den Export anbauen, für den Eigenbedarf wird die Bevölkerung auf immer marginalere, gefährdete Böden gedrängt.

Peter Mucke, Leiter der Projektstelle Umwelt und Entwicklung, findet es völlig unverständlich, daß Industrieländer die Ausbreitung der Wüsten allein als Problem der Entwicklungsländer ansehen. „Die Europäer müssen endlich erkennen, daß die Desertifikation und die daraus resultierenden Klimaveränderungen auch eine Konsequenz der Wirtschaftsweise des Nordens sind.“ Nicola Liebert