Sabbat für alle

■ Der Senat plant ein unbezahltes Urlaubsjahr für alle Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes

Ein Jahr Ferien – schon ab dem kommenden Jahr könnte der Wuschtraum so mancher ArbeitnehmerIn Wirklichkeit werden, zumindest für den Öffentlichen Dienst. Nachdem Bildungssenator Scherf eine Sabbatjahrregelung für alle beamteten Bremer LehrerInnen zum nächsten Schuljahr angekündigt hat, will jetzt der Senat für den kompletten restlichen Öffentlichen Dienst nachziehen. Das bestätigten gestern SprecherInnen des Finanzsenators und der Senatskommission für das Personalwesen. Motto: Drei Jahre lang voll arbeiten, aber nur drei Viertel verdienen. Und im vierten Jahr läuft der Verdienst weiter, aber da heißt es Beine hoch. Für den Haushalt bedeutet das: Die betreffende Person reduziert von einer ganzen auf eine Dreiviertelstelle - ein Viertel gespart.

Die Regelung, die zur Zeit innerhalb der Lehrerschaft für Furore sorgt, ist alles andere als neu. Seit mittlerweile sieben Jahren können sich die Berliner LehrerInnen für die Jahrespause entscheiden, rund 450 sind dieses Jahr im Programm. Und in Schleswig-Holstein wurde zu dem laufenden Svhuljahr eine ähnliche Regelung eingeführt. Doch beim Sabbatjahr für alle, da ist Bremen bundesweiter Vorreiter. „Wir haben von Anfang an gesagt, das soll kein Lehrerprivileg bleiben“, sagt Peter Härtl von der SKP, bei dem die Planungen zusammenlaufen. Dabei betreffen seine Prüfungen auch einen ganzen Teil der bremischen LehrerInnen, die bei der jetzigen Sabbatjahrregelung in die Röhre gucken. Alle, die nicht verbeamtet sind, bleiben beim jetzigen Stand der Dinge außen vor. Auch das soll sich nach Meinung der SKP ändern. Mit der neuen Regelung sollen auch die Angestellten einbezogen werden.

Das ist alles andere als einfach. „Wir haben jetzt alle Sozialversicherungsträger angeschrieben, die sollen sich zu unseren Vorschlägen äußern.“ Es sind gerade die Bestimmungen bei der Renten- und Krankenversicherung, die dem Sabbatjahr im Wege stehen. Ein Jahr aussetzen, das ist in einem ordentlichen deutschen Arbeitsleben nicht vorgesehen. Wie sich durch das Pausenjahr die Rente verringert, wie das Krankengeld berechnet werden soll und was passiert, wenn die Bedienstete in eben diesem Jahr krank wird oder gar verrentet werden muß – all das sind noch immer ungelöste Fragen. Härtl: „Für Beamte geht das mit einer einfachen Arbeitszeitregelung.“

Probleme könnte es möglicherweise auch mit anderen Bundesländern geben, weil die Bremer Vorreiterregel präjudizierende Wirkung auch für andere Bundesländer haben könnte. Das soll bei der nächsten Koordinationsrunde zwischen den einzelnen Staatskanzleien abgesprochen werden. Ein vermeindliches Hindernis ist schon aus dem Weg geräumt: Die Gewerkschaften haben schon ihr Interesse an dieser Art von Flexibilisierung der Arbeitszeit signalisiert. Und der mächtige Vorsitzende des Gesamtpersonalrats Gerhard Tilsner ist auch mit im Boot.

Neben der rechtlichen Prüfung wollen die Verantwortlichen erstmal abwarten, wieviele Anträge bei der Bildungsbehörde eintrudeln. Im Haushalt für das Jahr 1995 ist ein Einsparvolumen von 1,7 Millionen Mark eingerechnet. Das würde bedeuten, daß sich 50-60 LehrerInnen für das Sabbatjahr entscheiden. Bedarfsrechnungen für den restlichen Öffentlichen Dienst gibt es noch nicht. Und da ist die SKP auch eher skeptisch. Härtl: „Die niedrigen Einkommensgruppen werden sich nicht leisten können, auf ein Viertel des Einkommens zu verzichten, und bei den höheren Einkommen wird die Bewilligung nur sehr eingeschränkt möglich sein.“ Denn so sehr sich die einzelne Bedienstete das Sabbatjahr auch wünschen mag – die Amtsleitung muß immer noch zustimmen. Und welche Amtsleitug läßt schon gerne eine Stelle unbesetzt. Jochen Grabler