Studis machen sich Arbeit

■ Berliner Studierende gründen eigene Firmen oder arbeiten als Freiberufler

„Wer keine Arbeit hat, macht sich welche“ – der Sinn dieses Sprichworts wird von immer mehr StudentInnen ins Positive verkehrt. Statt sich mit der Suche nach einem gutbezahlten und abwechslungsreichen Job zu plagen, gründen sie eigene Firmen oder bieten Dienstleistungen freiberuflich an.

Endlich selbst ChefIn sein – ein für Frank Z. wesentlicher Aspekt seiner Arbeit. Als einer von vier Gesellschaftern ist er in der Firma, die auf Schulungen und Weiterbildung für Bankangestellte und Versicherer spezialisiert ist, für die Personalarbeit zuständig. Eine seiner Aufgaben ist es, die etwa 50 freiberuflichen Dozenten zu betreuen, die für diese Schulungen angeheuert sind. Daneben bleibt nur wenig Zeit für sein Betriebswirtschaftsstudium an der TU Berlin. Da er schon aus dem Bankwesen kommt und bereits als Aufbauhelfer im Osten war, betrachtet er sein Studium nur noch als persönliche Weiterbildung. Auch sein Einkommen ist ein Grund, daß keine Hektik beim Studium aufkommt.

Anders bei Georg B. Seine „Einzelunternehmung“, wie es in der Sprache der Wirtschaftsämter heißt, ist nur ein Zubrot. Vor einem guten Jahr gegründet, wirft sie bei einem Umsatz von rund 12.000 Mark im Jahr gerade einen Gewinn von 3.000 bis 4.000 Mark ab. Somit weit entfernt davon, Besserverdienender zu sein, erhält er, da seine Eltern bereits in Rente sind, sogar volles Bafög. Das Salär aus seiner Tutorenstelle hinzugerechnet, steht er letztlich ganz gut da.

Hauptbeweggrund für seine Firmengründung war „das Arbeiten auf eigene Rechnung“. Als Informatikstudent an der Technischen Fachhochschule verbindet auch er das Angenehme mit dem Nützlichen: Er bietet Software Engineering, Systemanalysen sowie Schulungen und Beratungen zur EDV an. Seine Kunden sind sowohl Privatpersonen als auch Firmen, sogar über die eigene Fachhochschule sind schon Aufträge zustandegekommen. Durch seine „anders als bei den Großen den Leistungen angemessenen Preise“ ist es für ihn „kein Problem, an Kunden zu kommen“. Außer der Pleite eines Auftraggebers hat Georg B. keine schlechten Erfahrungen gemacht.

Eigentlich laufen Gewerbeanmeldungen in Berlin über das Wirtschaftsamt des jeweiligen Bezirks. Die für ihn zuständige Sachbearbeiterin drohte jedoch damit, die teilgewerbliche Nutzung seiner Wohnung dem Wohnungsamt zu melden. Die Gefahr einer Kündigung seines Mietvertrags durch den Vermieter vor Augen, verzichtete Georg auf eine weitere Zusammenarbeit mit der Behörde. Der Leiter des Wirtschaftsamts Friedrichshain, Tilo Tragsdorf, interessiert sich dagegen nicht für den Sitz einer Firma, der „schon aus Personal- und Zeitmangel nicht kontrollierbar“ sei. Die Wohnungsämter seien aber berechtigt, bei den Wirtschaftsämtern nach der gewerblichen Nutzung von Räumen zu fragen.

Auch ohne eigene Firma sind Studenten als Selbständige aktiv. Die Seiten der Stadtmagazine sind mit Kleinanzeigen von StudentInnen übersät, die malern, Fenster putzen oder Nachhilfe geben.

Corinna B., Lehramtsstudentin für Englisch und Geschichte an der FU, hat so angefangen. Waren es anfangs noch Nachhilfestunden für SchülerInnen, so ist es heute „richtiger Unterricht“ für Erwachsene mit Bildungshunger. Zweimal die Woche gibt sie zwei Unterrichtsstunden Englisch; dafür muß sie sich gründlich vorbereiten. Dabei übt sie sich jedoch gleich selbst in der englischen Sprache und der für den zukünftigen Beruf notwendigen Didaktik. Außerdem ist diese Arbeit „eine einfache Art, Geld zu verdienen, und mit Spaß verbunden“. Stefan Pohner