Internationale Bemühungen zur Geiselbefreiung

■ Entführer wollen Ultimatum verschieben, wenn Israel eine Geste macht / Rabin schließt direkte Verhandlungen mit Palästinenserorganisation Hamas weiter aus

Als das norwegische Komitee gestern die Gewinner des diesjährigen Friedensnobelpreises – Schimon Peres, Jitzhak Rabin und Jassir Arafat – bekanntgab, suchte man in Israel und dem Gaza-Streifen weiter intensiv nach dem entführten Soldaten Nachschon Wachsman. Seine Entführer von der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas hatten gedroht, den jungen Mann Freitag um 21 Uhr zu ermorden, wenn Israel nicht ihren Forderungen nach Freilassung palästinensischer Gefangener nachkomme.

Auch wenige Stunden vor Ablauf des Ultimatums hielt die Regierung offiziell weiter daran fest, PLO-Chef Arafat und die Selbstverwaltungsbehörden im Gaza- Streifen für das Schicksal des Entführten verantwortlich zu machen. Arafat begab sich nach Ägypten, um dort die Krise mit Präsident Mubarak und dem amerikanischen Außenminister Christopher zu besprechen.

Falls die israelische Geisel nicht rechtzeitig befreit werden kann, wolle man alles daran setzen, mit Hilfe von Vermittlern eine Verlängerung des Ultimatums zu erreichen, hieß es gestern in Jerusalem. Dazu müßten Verhandlungen mit Vertretern von Hamas geführt werden, was Israel bislang abgelehnt hat. Die Mutter des entführten Soldaten, Esther Wachsman, appellierte dringend an die Regierung, direkt mit Hamas zu verhandeln, um das Leben ihres Sohns zu retten. Hamas hatte bereits am Donnerstag abend eine Verlängerung des Ultimatums vorgeschlagen – unter der Voraussetzung, daß wenigstens ein Teil der ursprünglichen Forderungen erfüllt wird. Daraufhin hatte das Büro von Premier Rabin bekanntgegeben, daß Israel weder Scheikh Ahmed Jassin noch andere prominente Gefangene freilassen werde.

Hamas-Sprecher Muhammed az-Zahar hat vorgeschlagen, Vermittler wie den arabisch-israelischen Knesset-Abgeordneten Taleb as-Sana hinzuzuziehen. Az-Zahar soll erklärt haben, daß auch eine kleine Konzession israelischerseits oder die Schaffung einer positiven Atmosphäre zwischen beiden Seiten Israel und Hamas eine Verlängerung des Ultimatums ermöglichen würde. Unterdessen läßt Arafat im Gaza-Streifen weiterhin großangelegte Hausdurchsuchungen und Autokontrollen durchführen und setzt Vermittler inner- und außerhalb des Gaza-Streifens ein.

Palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen haben einen Aufruf an die Entführer Wachsmans gerichtet, in dem sie verlangen, daß der israelische Soldat am Leben bleibt und unversehrt freikommt. Gleichzeitig bestehen die rund 5.300 palästinensischen Gefangenen auf ihrer eigenen Freilassung, die ihnen bereits vor Monaten versprochen wurde. Amos Wollin

Siehe auch Seiten 9 und 11