: Kinkel, Konfetti und verbranntes Fett
■ Nur die Landtagswahlen verhageln der FDP die Stimmung
Als um 18 Uhr die Prognose sieben Prozent signalisierte, hielt sich der Jubel in akustischen Grenzen. Daß sie wiederum drei Landtage gründlich verfehlte, verhagelte der FDP die Stimmung ebenso wie das Absinken um ganze vier Prozent. Aber immerhin, die Erleichterung war doch, wenn auch verhalten, spürbar.
Nie zuvor hatten sich viele Kamerateams derartig rüpelig um einen Platz bei den deutschen Liberalen geprügelt. Das Buffet hatte bei der drangvollen Enge in die Tiefgarage an der Konrad-Adenauer-Allee umziehen müssen. Von dort drangen gegen 17.30 Uhr die ersten Rauchzeichen, als die Köche das Grillfett anbrennen ließen. „Weihrauch“, meinte eine alte Dame irritiert, „hilft jetzt aber auch nichts mehr.“
Der Rest der Wahl-Speise nahm sich mit Schmalz, Mattjes und Mettwurst eher aus wie ein vorgezogenes Katerfrühstück. Professor Livingstone von der Universität Baltimore beruhigte die Gemüter mit neutralem Blick. Er gab seinen Wahltip noch eine Sekunde vor Toresschluß ab: „Sixkommafunf Prozent für der FDP. Bleibt alles wie es ist.“ Recht hatte er.
Entspannung war gegen 18.30 Uhr angesagt, und der Jubel machte sich sogar in einigen Juchzern Luft, die allerdings nicht von den wuseligen Jungliberalen stammten, die eine Ampelkoalition offensichtlich nicht ganz so ungern gesehen hätten.
Dafür tobte der Saal dann frenetisch, als Parteivorsitzender Kinkel sich wenig später des Medienansturms kaum erwehren konnte. Mit einer Hand schwenkte er den Plüschlöwen, mit der anderen suchte er das Mikrofon, während ihm der Konfettiregen in den Jackettkragen rieselte. Er verband seinen Dank an Wähler und Partei mit der Mahnung, nicht zu vergessen, daß die drei Landtagswahlen verloren sind. Da müsse sich die FDP wohl darum kümmern, ihre Basis nicht zu verlieren, meinte der Außenminister. Und guckte wieder so richtig kinkelig. Heide Platen, Bonn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen