■ Mineralientage: Edelsteine, Fossilien und Zubehör
: Steinzeit in München

München (taz) – Wer die Frankfurter Buchmesse gerade hinter sich gebracht hatte, dem konnte München letztes Wochenende den nötigen Ausgleich verschaffen. Wo man in Frankfurt mit wirrem Blick von Stand zu Stand hetzte, immer wissend, daß man nie zum Eigentlichen, dem Bücherlesen, kommen würde, dem wurde auf den Mineralientagen Friede zuteil: Still ruht der Stein, hat Zeit, hat Muße. Frankfurt, das bloße Versprechen, die endlose Vorlust – München, die Lust der Materie an und für sich.

Selbst viele Münchner wissen nicht, daß die bayrische Metropole seit 31 Jahren die nach Tucson/ USA weltweit bedeutendste Veranstaltung der Branche beherbergt. Mehr als 600 Aussteller aus allen Kontinenten versammelten sich auf den Mineralientagen, bepackt mit Mineralien, Edelsteinen, Fossilien und Zubehör und getreu ihrem überall zu lesenden Motto „Mit Steinen leben!“. Von Achat bis Onyx, vom uralten Ammoniten bis zum Lapislazuli, vom Smaragd bis zum „heilenden“ Bergkristall, bisweilen wirkte die Messe wie ein riesiger brasilianischer Flohmarkt. Doch spätestens auf der Sonderschau merkte man auch als Amateur, welche Faszination Steine haben können. Dort wurde der Opal als „Stein des Jahres“ päsentiert. Nicht erst seit Lessing spinnen sich um ihn die wundersamsten und geheimisvollsten Legenden. Nach einem indischen Mythos ist in ihm eine schöne Frau, die Geliebte verschiedener Hindu-Gottheiten, versteinert und kann von den Jüngern der jeweiligen Götter in den einzelnen Farben auch erkannt werden. Die Griechen sprachen ihm Heilkräfte zu und glaubten, er könne unsichtbar machen. Noch Shakespeare sah im Opal die „Königin der Edelsteine“. Dennoch galt er in Europa lange Zeit als der Unglücksstein Iridot, was durch eine Erzählung von Walter Scott dann gewissermaßen literarisch beglaubigt wurde. Vielleicht ist das der Grund dafür, daß die schönsten und besten Opale bis heute in anderen Kontinenten – vor allem in Japan – im Handel sind. Um so spannender war es, in München auf einige jener „Opaloholics“ zu treffen, die irgendwo im australischen Busch ebenso besessen wie mühselig nach dem Stein hacken.

Selbst bei der Preisfindung erscheint der Opal als der schillerndste aller Edelsteine: Objektive Kriterien versagen leicht, wenn es um ein Farbenspiel geht, über dessen Erklärung sich die Wissenschaft bis heute noch nicht so recht einig ist. Der Phantasie von Farben, Formen (und Preisen) scheinen bei diesem Edelstein kaum Grenzen gesetzt. Neuester Schrei im Opalgeschäft ist der Katzenaugenopal. Er sieht wirklich so aus.

Neben den Opalen hatten die Veranstalter noch für eine Reihe weiterer Attraktionen gesorgt. So hatte man die berühmte „Lucy“, das Skelett jener 3,5 Millionen Jahre alte Dame aus Äthopien, herbeigeschafft, um einer paläontologischen Sonderausstellung als „Urmutter“ vorzustehen. Aber auch die „muater aller Perckwerch“ wurde auf den Mineralientagen vorgestellt: Schwaz in Tirol, das älteste Silber- und Kupferbergwerk Europas. Ohne diese Mine hätten es weder die Fugger noch die Habsburger zu ihrem Platz in der Geschichte geschafft, und auch der Kapitalismus hätte wohl noch ein wenig warten müssen.

Den Beweis aber, daß man im 20. Jahrhundert nicht unbedingt nach Steinen graben muß, um reich zu werden, erbrachte der amerikanische Pfiffikus Allen Lang. Er reist seit Jahren mit einem kaputten Chevrolet herum. In den schlug 1992 ein 12 Kilo schwerer Meteor ein. Lang kaufte Auto und Stein und führt beide seitdem mit als Attraktion vor. Er mußte sich nicht mal bücken: von Steinen leben. Thomas Pampuch