Warsteiner sucht Rufmörder

■ Was ist dran an Gerüchten über Scientology-Kontakte?

Hamburg (taz) – „Wanted – Rufmörder gesucht“ – unter dieser Überschrift wehrt sich die Warsteiner-Brauerei gegen ein übles Gerücht. Ihr wird nachgesagt, Verbindungen zur Scientology-Sekte zu haben. Nun entschloß sich Deutschlands größte Privatbrauerei (Jahresumsatz rund eine Milliarde Mark) zum Befreiungsschlag gegen die „heimtückische Verleumdung“ und „kriminelle Attacke“, erklärt der Leiter der Rechtsabteilung Jürgen Brandes.

Die sauerländischen Brauer vermuten, „daß diese Rufmordkampagne gezielt von einer großen Hamburger Brauerei in die Welt gesetzt wurde, um uns zu schädigen“. Der Name „Holsten“ fällt, doch Beweise, daß das Gerücht von Mitarbeitern der in Hamburg- Altona ansässigen Großbrauerei kolportiert wurde, haben die Warsteiner nicht. Es sei aber „kein Zufall“, so Brandes, daß sich „dieses Gerücht seit Monaten vor allem in der Hamburger Region“ halte. Konkurrenzkampf unter der Gürtellinie? Laut Pressesprecher Martin Schütte jedenfalls „verkauft sich unser Bier in Norddeutschland jetzt schlechter“.

Bekannt ist, daß die Scientologen über ihren Wirtschaftsverband „World Institute of Scientology Enterprises“ (WISE) auch bundesdeutsche Unternehmen unterwandern. Weltweit arbeiten, nach Angaben von Scientology, schon 18.000 Unternehmen nach den Lehrsätzen der Sekte. Aber ob auch Warsteiner dazugehört?

Es ist nicht das erste Mal, daß derlei Gerüchte über Getränkehersteller kursieren: So hält sich seit Jahren der Verdacht, daß Getränkehersteller wie die Flensburger Brauerei oder Licher Bier, der Likörhersteller Eckes und der Safthersteller Becker rechtsextreme Parteien unterstützen. Es wäre auch nicht der erste Fall von vermuteter Rufmordkampagne: Ob Regenwürmer in McDonald's- Bouletten oder Satanismus beim Waschmittelhersteller Procter & Gamble – so manche Firma sah sich schon den abstrusesten Verdächtigungen ausgesetzt. Auch Warsteiner, so erinnert sich Jürgen Brandes, geriet vor einigen Jahren schon einmal unter Verdacht: „Auf einer Veranstaltung der Republikaner wurde unser Bier ausgeschenkt. Schon wurden wir in die rechte Ecke gestellt.“

Daß Warsteiner jetzt auch in die Nähe der Scientologen gerückt wurde, dürfte einem ähnlichen Zufall zu verdanken sein. Nach Auskunft der von der Hamburger Innenbehörde eingesetzten „Arbeitsgruppe Scientology“ nahm das Gerücht in Bonn seinen Ausgang, wo die Sekte bei einer Werbeveranstaltung das kühle Blonde aus dem Sauerland ausgeschenkt haben soll. Weitere Indizien für eine Verbindung zwischen den Bierbrauern und der „Scientology- Church“ sind den hanseatischen Sektenexperten nicht bekannt.

Warsteiner hat jetzt bei der Hamburger Staatsanwaltschaft Strafanzeige „gegen Unbekannt“ eingereicht. Albert Cramer, Alleininhaber der Brauerei, trat die Flucht nach vorne an: Seit wenigen Tagen gehört er „Robin direkt“ an, einem Selbsthilfeverein von Scientology-Geschädigten. Marco Carini