■ Mit Zinsgeschäften auf du und du
: Legal abgezockt

Berlin (taz) – Sie sollte gerecht sein, und sie sollte die leere Staatskasse füllen helfen – die 30prozentige Zinsabschlagssteuer. Nun ist das seit Januar 1993 gültige Gesetz gerechter als das frühere System: Ehrliche Kleinanleger sind heute von Zinssteuern ganz befreit – und die eigentlich steuerpflichtigen Großanleger auch, auf ganz legale Weise. Nur die Staatskasse wird trotzdem leer bleiben, denn vermögende Deutsche müssen nur ihr Geld ein wenig umschichten – was sie auch in Scharen tun, wie die Bundesbank in ihrem neuen Monatsbericht schreibt: Investmentfonds, die das bei ihren Kunden eingesammelte Geld via Luxemburg an den Weltbörsen plazieren, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Floß in den 70er Jahren nur jede dreißigste Mark der Sparvermögen in die Fonds, war es in den 90ern jede siebte. Mitte 1994 hatten die Anlagegesellschaften 560 Milliarden Mark oder 8.300 Mark pro Kopf der westdeutschen Bevölkerung angehäuft, während die Ostdeutschen, mangels Masse, traditionellere Geldanlagen bevorzugten.

Die Fonds kamen nach Beobachtungen der Währungshüter exakt mit Einführung der Zinsabschlagssteuer in Mode. Ende der 80er Jahre sind im Jahresdurchschnitt rund 18 Milliarden gesammelt worden, 1993 dann 80 Milliarden Mark, und im ersten Halbjahr 1994 60 Milliarden. Wen wundert's, daß die Bundesbanker für 1993 feststellen, daß Waigel mit elf Milliarden Mark nicht einmal halb soviel wie geplant aus der Zinsabschlagssteuer kassieren konnte. Statt dessen erwirtschafteten die Luxemburg- Töchter der deutschen Banken 1993 laut Bundesbank „ausgezeichnete Ergebnisse“: „Ihr Jahresüberschuß vor Steuern war nach Ertragssteigerungen auf praktisch allen Geschäftsfeldern mit 1,9 Milliarden DM gut doppelt so hoch wie 1992.“

Aus dem Bericht der Bundesbank geht außerdem hervor, daß 1993 anstelle des Fiskus die Banken kräftig absahnten: Die 3.845 deutschen Geldinstitute erwirtschafteten 1993 nach Steuern einen im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel höheren Reingewinn von 15,9 Milliarden Mark. Diese Gewinnzunahme erreichten die Banken auf nicht immer faire Weise: Bei Banken und Sparkassen sanken zum Vorteil der Geldinstitute wichtige Guthabenzinsen „tendenziell kräftiger“ als die entsprechenden Kreditzinsen. Nicht nur bei den Zinsen, sondern auch beim Provisionsgeschäft haben die Banken zugelangt und mit 26,6 Milliarden Mark 16 Prozent mehr abkassiert als im Vorjahr. Die Bankbeschäftigten hatten davon wenig: Die Personalaufwendungen wuchsen, so die Währungshüter, mit 6,7 Prozent „vergleichsweise langsam“. Donata Riedel