■ Nachgefragt
: Erbsenzähler

Da haben sich einige ZuschauerInnen ziemlich gewundert: Als am letzten Freitag Buten & Binnen über den Bildschirm ging, da gab es auch einen Abschlußbericht zum Wahlkampf. Und was durften sie da sehen? Den Kandidaten Kröning (SPD), wie er AltenheimbewohnerInnen mit Rosen belästigt, den Kandidaten Neumann (CDU), wie der einen störrischen Studenten bearbeitet, und den Kandidaten Richter (FDP), wie der um's politische Überleben kämpft – eine gute Viertelstunde. Und Schluß. Mehr Parteien kamen zwei Tage vor der Wahl nicht vor. Weshalb sich Unmut regt, besonders bei den Grünen, die den Fall im Fernsehausschuß des Rundfunkrats besprechen wollen. Wir fragten nach beim Buten & Binnen-Chefredakteur Michael Geyer:

taz: Ist für die politische Berichterstattunmg von Buten & Binnen jetzt das Drei-ParteienSystem zurückgekehrt Der Eindruck drängt sich geradezu auf...?

Wieso das denn? Wir haben über einen wochenlangen Wahlkampf immer wieder berichtet und überall hingeguckt, und am Freitag haben uns zwei Sachen besonders interessiert. Einer, für den es wirklich drauf ankam, das war Richter. Und uns interessierte das Ende des Kampfes der zwei Großen. Das waren Neumann und Kröning. Bei dem Zwiekampf ging es schließlich zum einen um den ehemaligen Finanzsenator, der aus bekannten Gründen in Bremen in' Sack gehauen hat, und Neumann ist das einzige Regierungsmitglied aus Bremen.

Es war also eine bewußte journalistische Entscheidung, alle anderen rauszulassen?

Es war eine journalistische Entscheidung am letzten Tag zu gucken: Was läuft noch, was ist aus dem großen Zweikampf geworden im Osten und was macht denn unser Liberaler, für den es um alles geht. Das waren die beiden wichtigen journalistischen Fragen. Ich gehe doch nicht hin und beobachte jeden Tag alle Parteien. Diesen Proporz haben wir uns längst abgeschminkt, den haben wir nie mitgemacht, das machen wir auch diesmal nicht mit. Wir haben eine faire Wahlkampfberichterstattung über viele Wochen gemacht, da lassen wir uns doch nicht am letzten Tag die Erbsen vorzählen. Das kann man doch ernsthaft nicht wollen.

Das verrät mir allerdings, daß einige Leute nur aus politischer Sicht auf ein journalistisches Programm gucken und anfangen Erbsen zu zählen. Wenn wir das dem Zuschauer zumuten, dann sind wir mit unserem Programm schnell am Ende.

Auch wenn es um die Sendung zwei Tage vor dert Wahl geht? Der Ärger entzündet sich ja am Zeitpunkt, an dem der Beitrag gesendet worden ist.

Das können nur Leute sein, die sich politisch so unsicher sind, daß sie glauben können, fünf oder zehn Minuten am Freitag davor entscheiden die Wahl. Das ist so lächerlich, daß sich alle Wähler darüber totlachen und ich mich auch. Fragen: J.G.