Ausgaben für den Straßenbau halbiert

■ Bis 1999 fließen alle Bundesmittel in den Tiergartentunnel Bau der Nord- und Osttangente erst im nächsten Jahrzehnt

Bis zum Jahr 2001 fallen für den kommunalen Straßenbau alle Bundesmittel weg. Dies geht aus einer Senatsvorlage hervor, die in Auszügen der taz vorliegt. In den Bezirken muß ab sofort jede zweite Baumaßnahme gestrichen werden. Dabei handelt es sich um den Um- und Neubau von Straßen und Kreuzungen sowie um Ausbesserungsarbeiten. Hintergrund der dramatischen Geldkürzung ist der Autotunnel unter dem Tiergarten. Die Viertelmilliarde Mark, die Berlin von 1995 bis 2001 im Rahmen des sogenannten Gemeinde-Verkehrsfinanzierungs- Gesetzes (GVFG) aus dem Bundeshaushalt für den kommunalen Straßenbau erhält, wird nun „ausschließlich“ zur Finanzierung des Tunnels verwendet.

Wie in der Senatsvorlage weiter berichtet wird, soll der Tunnel mit den 234 Millionen Mark des GVFG-Programms, mit 355 Millionen Mark aus Hauptstadtmitteln (Bund) und mit bislang 141 Millionen Mark aus dem Landeshaushalt finanziert werden. Die Konsequenzen aus dem „ausschließlichen Einsatz der GVFG- Mittel für den Straßentunnel“ sollen bei der Aufstellung des Entwurfs der Investitionsplanung 1995 bis 1999 gezogen werden. Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) bestätigte gestern auf Anfrage, daß seine Verwaltung eine entsprechende Vorlage für das Finanzkabinett erarbeitet. Wie Haases Sprecher, Tomas Spahn, berichtete, sei der Baubeginn für die Nord- und Osttangente bereits auf das nächste Jahrzehnt verschoben worden. Die beiden Schnellstraßen sollten Reinickendorf über Blankenburg mit Malchow sowie Karow entlang des Eisenbahn-Außenrings mit Hohenschönhausen und Marzahn verbinden. Auch werde in den kommenden fünf Jahren im vorhandenen Straßennetz rein statistisch nur noch jedes zweite Schlagloch ausgebessert werden können.

Die Bezirke spüren die Folgen der Geldumverteilung bereits. Baustadtrat Claus Dyckhoff (SPD) hat dem Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses, der heute über den Verkehrsetat 1995/96 entscheidet, einen „Brandbrief“ geschrieben. In Charlottenburg hat die Finanzverwaltung von sieben Neu- und Umbauten 1995 vier und 1996 sechs gestrichen. Opfer des Rotstifts: ein behindertengerechtes Wegenetz, Radwege und „dringend erforderliche Baumaßnahmen“ zur Schulwegsicherung.

Der verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, Michael Cramer, forderte gestern, auf den Tiergartentunnel nun auch aus finanziellen Gründen zu verzichten. Er kritisierte, daß der Senat in dieser dramatischen Situation auf die Einnahmen der Stellplatzabgabe verzichten wolle. Dirk Wildt

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