Flüchtlinge werden in Großbritannien mißhandelt

■ amnesty international kritisiert Internierungspolitik der britischen Regierung

Dublin (taz) – AsylbewerberInnen, die der Folter in ihren Heimatländern entfliehen konnten, sind in Großbritannien weiteren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Das geht aus zwei Berichten hervor, die gestern in London veröffentlicht worden sind. In dem Bericht von amnesty international heißt es, daß derzeit 600 AsylbewerberInnen inhaftiert sind, ohne daß ihnen die Gründe dafür genannt oder sie von einem Gericht vernommen wurden. Drei Inhaftierte, auf die der Bericht jedoch nicht weiter eingeht, haben sich in den vergangenen Monaten das Leben genommen.

Richard Dunstan, der bei amnesty für Flüchtlingsfragen zuständig ist, sagte zum Independent: „In unserem Justizsystem kann die Polizei nicht einfach Leute einsperren, ohne das zu begründen oder ihnen Gelegenheit zu geben, dagegen zu klagen. Warum gilt das nicht auch für Flüchtlinge?“ In drei von 50 Fällen, die amnesty untersucht hat, haben Asylbewerber Selbstmordversuche unternommen. In allen untersuchten Fällen hat amnesty Verstöße gegen die Menschenrechte festgestellt. Mehr als die Hälfte der AsylbewerberInnen wurde in Gefängnissen interniert, die Haftdauer betrug im Durchschnitt fünf Monate.

Auch die Medizinische Stiftung für Folteropfer, die 47 Fälle untersuchte, kritisierte die Regierungspolitik. In dem ebenfalls gestern veröffentlichten Bericht heißt es, zwei der Asylbewerber hätten versucht, sich zu erhängen, acht weitere bräuchten dringend psychiatrische Behandlung.

Die Londoner Regierung widerspricht jedoch, daß mit der Internierungspolitik andere AsylbewerberInnen abgeschreckt werden sollen. „Wir nehmen unsere Verpflichtungen gegenüber echten Flüchtlingen sehr ernst“, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums, „und wir bestreiten, daß unsere Gesetzgebung gegen die Internationale Menschenrechtskonvention verstößt.“ amnesty glaubt dennoch nicht, daß die Internierung lediglich als letztes Mittel eingesetzt werde: In der Hälfte aller untersuchten Fälle sei den Bewerbern – nach monatelanger Haft – schließlich Asyl gewährt worden. Sowohl amnesty als auch die Medizinische Stiftung für Folteropfer verlangen deshalb, daß die Beamten der Einwanderungsbehörde künftig nicht mehr eigenmächtig über die Internierung von AsylbewerberInnen entscheiden dürfen. Statt dessen sollen den Flüchtlingen die Gründe für die Inhaftierung schriftlich mitgeteilt, Rechtsbeistand gewährt und eine Anhörung innerhalb von einer Woche garantiert werden. Ralf Sotschek