Hintern zeigen...

■ ...nicht mehr subversiv? „Even Cowgirls get the Blues“

Sissy Hankshaw will ihr Handikap nicht loswerden. Ihre übergroßen Daumen hat sie schon als kleines Mädchen als Geschenk des Himmels entdeckt, und das wird sie keinem Chirurgen ans Messer liefern. Sie wird zur größten Tramperin aller Zeiten, durchstreift kreuz und quer die USA und kennt jeden Highway mit Vornamen. Klar, daß sie dabei den seltsamsten, verschrobensten, aber auch interessantesten Gestalten des Kontinents begegnet. Und schließlich lernt sie das Cowgirl Bonanza Jellybean lieben und gerät in den Aufstand auf der Schönheitsfarm, der damit beginnt, daß die Cowgirls den alternden schönheitsbewußten Damen ihre durchtrainierten, unparfümierten Hintern zeigen.

Als Tom Robbins' Roman Even Cowgirls get the Blues 1976 erschien, galt er wegen seiner surrealen Einsprengsel als unverfilmbar. Gus van Sant (My Own Private Idaho), der damals gerade sein Studium beendet hatte, sah das ganz anders und schwor sich, dieses Buch eines Tages zu verfilmen. Heute ist es soweit, der Kultroman der siebziger Jahre, der Anfang der achtziger Jahre auf deutsch erschienen war, kommt nun Mitte der Neunziger in die Kinos. Vielleicht ein bißchen zu spät, wenngleich der Verleih vollmundig von einem „70er Jahre Cocktail für die 90er“ spricht.

Natürlich hat Sant sich ein besonderes Staraufgebot ausgesucht: Uma Thurman ist Sissy, John Hurt (Der Elefantenmensch) ist die Herzogin, Keanu Reeves ist mit von der Partie, Ken Kesey debütiert auf der Leinwand als Sissys Vater, und William S. Burroughs gibt einen Mann auf der Straße. Einen Hippie am Rande spielt der vor einem knappen Jahr gestorbene River Phoenix, dem der Film gewidmet ist. Und den Soundtrack steuerte k.d.lang bei.

Natürlich lassen sich Bücher und Filme nie so recht in Beziehung setzen, auch wenn sie dieselbe Geschichte erzählen. Und so ist Even Cowgirls get the Blues ein Film, der spröde aus den 90ern zurückblickt in eine Zeit, von der man kaum mehr glaubt, daß es sie überhaupt je gegeben hat. ano

Neues Broadway, Studio