Stromgigant RWE zeigt Interesse an Bremen

■ Wendung im Poker um Stadtwerke-Verkauf / Ampel streitet um Czichon-Nachfolge

Der Kreis der Kaufinteressenten für Anteile an den Bremer Stadtwerken hat sich um einen Großkonzern erweitert. Neben der Preussen-Elektra (PreAG) in Hannover haben nun auch die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) in Essen Appetit auf die Bremer Stadtwerke bekommen. „Wir sind ein großes Unternehmen und wollen uns so vielfältig wie möglich weiterentwickeln“, sagte RWE-Sprecher Dr. Dirk Bülow gestern auf Anfrage. Die festen regionalen Grenzen der drei westdeutschen Strommonopolisten PreAG, RWE und Bayernwerke seien dabei jetzt kein Hindernis mehr. Bülow: „Dieses Denken gehört der Vergangenheit an“.

Mit weit über 100.000 Beschäftigten ist die RWE der größte der drei westdeutschen Stromgiganten. Der Atomstromanteil liegt bei der RWE mit 21,4 Prozent allerdings deutlich niedriger als bei der PreAG.

In der ehemaligen DDR hatte die RWE erstmals mit den Leipziger Stadtwerken ein kommunales Energieversorgungsunternehmen außerhalb der eigenen Reviergrenzen übernommen. Ein Einstieg der RWE bei den Bremer Stadtwerken hätte gegenüber der hannoverschen PreAG den Vorteil, daß damit die 90prozentige Autonomie der Bremer Stromversorgung wohl auch in absehbarer Zukunft erhalten bliebe. Denn für RWE-Strom aus Nordrhein-Westfalen gäbe es keine Durchleitungsrechte bis nach Bremen. Und eine Liberalisierung dieser seit Kriegsende langsam aufgebauten Regional-Monopolstruktur der westdeutschen Stromversorgung ist erst für das nächste Jahrhundert in Sicht.

Während die Verhandlungen über einen Teilverkauf der Bremer Stadtwerke mit PreAG, RWE und 12 weiteren, kleineren Interessenten demnächst beginnen, ist um die Nachfolge des Stadtwerke-Vorstandsvorsitzenden Czichon innerhalb der Ampelkoalition heftiger Streit entbrannt. Nachdem zwei der drei von Senat und Bankenvertretern in die engere Wahl gezogenen Bewerber wieder abgesprungen sind, hat sich die FDP gegen den verbliebenen Bewerber, den Energieexperten des saarländischen Wirtschaftsministeriums Frithjof Spreer, ausgesprochen. Über die Czichon-Nachfolge solle lieber erst nach dem Teilverkauf der Stadtwerke entschieden werden, erklärte FDP-Fraktionsvorstand Peter Braun gestern.

Der für Energiefragen zuständige Umweltsenator Ralf Fücks möchte den Posten dagegen so schnell wie möglich wiederbesetzen. Den Saarländer Spreer hält er für einen „exzellenten Experten“, der zudem als Mitglied des früheren Bremer Energiebeirats mit der Bremer Situation „wie kein anderer auswärtiger Fachmann“ vertraut sei. Spreers SPD-Parteibuch stört ihn im Unterschied zur FDP dabei nicht. Fücks: „Es ist nicht immer Bremer Filz, wenn ein SPD-Mitglied in Bremen auf einer Bewerberliste landet.“

Eigentlich sollte die Personalie heute im Stadtwerke-Aufsichtsrat entschieden werden. Nachdem dort aber nun nur noch ein einziger Kandidat präsentiert werden kann, wird damit nicht mehr gerechnet. Zudem, so war gestern zu vernehmen, soll jetzt auch noch ein Überraschungskandidat ins Rennen gekommen sein. Ase