Vernachlässigt

■ betr.: „Aufklärung statt Strafe“ (Ägypten: „Überzeugungskampa gne“ gegen Mädchenbeschnei dung), „Der Trieb war halt stär ker“ (Flachslanden-Prozeß: 12 Jahre für Angeklagte gefordert), taz vom 14.10.94

Einer der Gründe, die mich die taz gegenüber anderen Tageszeitungen bevorzugen lassen, ist das Verwenden der weiblichen Form in Ihren Berichten. In letzter Zeit fällt mir auf, daß Sie diese vernachlässigen.

So zum Beispiel in dem Artikel von Karim El-Gawhary auf Seite 2, in dem er schreibt, daß Imame in Moscheen gegen die Tradition predigen sollen, „während Ärzte ihre Patienten über die schädlichen Folgen der Beschneidung aufklären“. Daß es in Kairo keine Ärztinnen gibt, nehme ich Ihnen noch ab, aber daß es Patienten (also Männer) sind, die sich da über die schädlichen Folgen der Beschneidung beraten lassen, wage ich aufgrund anatomischer Gegebenheiten zu bezweifeln.

Auf Seite 4 schreibt Bernd Siegler über den Flachslanden-Prozeß im zweiten Abschnitt: „... Hauptopfer sind die vier Töchter der Angelika T ...“. Angelika T. mag die Mutter der Töchter sein, aber um Töchter zu zeugen, braucht es auch einen Vater, den sie hier einfach übergehen.

Ich möchte die Taten dieser Frau keineswegs beschönigen, doch scheint es mir, daß das noch dazukommende von Männern verübte Unrecht, das die Kinder erdulden mußten, untergeht, wenn man in diesem Falle ausschließlich die Mutter betrachtet. Den Töchtern ist damit nicht gedient. Karin Wild, Pforzheim