Großväterchen kann feiern

■ Der alte Präsident Mazedoniens ist auch der neue: Kiro Gligorow wiedergewählt

Wien (taz) – Nach Auszählung der Hälfte der Wahlkreise stand gestern fest, daß 50,2 Prozent der Bürger Mazedoniens dem amtierenden Präsidenten Kiro Gligorow wieder ihre Stimme gaben. Sein Linksbündnis „Allianz für Mazedonien“ (SMZ) ging als stärkste Gruppierung aus den Wahlen hervor. Dem Zwischenergebnis zufolge kam der nationalistische Herausforderer Ljubisa Georgiewski von der „Demokratischen Partei für die nationale Einheit Mazedoniens“ (DP) gerade noch auf 14,3 Prozent der Stimmen. Nach Angaben der Wahlkommission lag die Wahlbeteiligung um 70 Prozent, wobei der Anteil der ungültigen Stimmen auffallend groß gewesen sein soll. Grund für Georgiewski, das Wahlergebnis anzuzweifeln und Neuwahlen zu fordern.

So bezeichnete er die internationalen Wahlbeobacher als „Agenten Gligorows“, die Mazedonien wieder in das alte Jugoslawien eingliedern wollten. Ein Vorwurf, den die Ultranationalisten seit Jahren gegen den 77jährigen Wendekommunisten Gligorow vorbringen. Seine Anhänger verehren den Landesvater dagegen fast wie ein Idol und nennen ihn liebevoll „Großväterchen“. Ihm sei es zu verdanken, daß der kleinste Nachfolgestaat Jugoslawiens bisher vom Krieg verschont geblieben sei.

Denn ähnlich wie Kroatien und Bosnien erbte die Regierung in Skopje die gleichen nationalen Sprengsätze, die sich jederzeit zu einem Flächenbrand ausweiten können. Ein Drittel der Bevölkerung stellen die Albaner, doch Gligorow war es zumindest in den vergangenen drei Jahren gelungen, deren nationale Parteien zu einer parlamentarischen Mitarbeit zu bewegen. Doch eine kleine radikale Gruppe unter den Albanern plädiert bereits offen für einen Anschluß ihrer Siedlungsgebiete an das benachbarte Albanien.

Die kleine serbische Minderheit im Norden fordert dagegen die Abtretung der Region Kumanova an Belgrad – ein Spiel mit dem Feuer. Denn allein in diesem Jahrhundert teilten Serben, Bulgaren und Griechen das Gebiet viermal untereinander auf, und selbst heute fällt es manchen Nationalisten in diesen Ländern schwer, die Souveränität des jüngsten Balkanstaates anzuerkennen. Karl Gersuny