Gefräßige Viag

■ Übernahme von französischem Biotechnikhersteller geplant

Berlin (taz) – Die Viag macht ihrem Ruf als Firmenvielfraß mal wieder Ehre. Ihr Tochterunternehmen SKW Trostberg AG kündigte Dienstag abend an, es werde den biotechnischen Teil des französischen Konzerns Sanofi S.A. schlucken. Schon heute ist der erst vor wenigen Jahren privatisierte ehemalige Staatskonzern Viag an etwa 300 Betrieben beteiligt.

„Wir kaufen damit einen der weltweit namhaftesten Hersteller von Nahrungszusatzstoffen“, verkündete SKW-Trostberg-AG- Pressesprecher Rainer Linotzky stolz. Aus Knochen, Fellen und Fleischresten werden in eigenen Tierkörperverwertungsanstalten in ganz Frankreich die Grundstoffe für Fermente, Enzyme, Gelatine und Verdickungsmittel gewonnen.

1,4 Milliarden Mark Umsatz im Jahr machte der französische Betrieb, der zur Elf Aquitaine gehört, bisher mit diesem Geschäftsbereich. 5.600 Mitarbeiter stehen auf der Lohnliste. Daran wollen die neuen Eigner auch nichts ändern. Der Bereich sei extrem gewinnträchtig, so der Pressesprecher von SKW Trostberg. Sanofi wolle nur deshalb verkaufen, weil der Konzern sich auf seine Kernbereiche Pharma- und Kosmetik konzentrieren wolle.

„Wir möchten unseren Bereich Naturstoffe erweitern“, begründete Linotzky den Zukauf. Schon heute entkoffeiniere man Tee und stelle Citrus- und Kokosextrakte her. Den weitaus größeren Anteil der mehr als 1,5 Milliarden Mark Umsatz aber macht die Firma in Trostberg mit Bau- und Landwirtschaftschemikalien und in der Metallurgie. Von der allerdings will man sich spätestens im nächsten Frühjahr trennen.

Etwa 1,3 Milliarden Mark muß die SKW Trostberg AG an die Sanofi überweisen. Das Geld dafür soll vor allem durch den Gang an die Börse aufgebracht werden. Schon länger hatte die Viag-Tochter diese Absicht angekündigt. Die Umsetzung der Idee mache aber nur dann Sinn, wenn die Umsatzdimension eine andere Größenordnung erreiche, so hatte Vorstandschef Wilhelm Simson im Sommer gesagt.

Mit der Neuerwerbung scheint dieser Plan jetzt realisierbar. Die SKW will im Zuge der Börsenemission ihr Grundkapital von 158 Millionen Mark auf über 300 Millionen Mark erhöhen. Da sich die Viag AG nicht daran beteiligen soll, verringert sich ihr Anteil an der SKW deutlich. Eine Mehrheit von 51 Prozent will sie allerdings weiter behalten. Annette Jensen