■ Urdrüs wahre Kolumne
: Sau mit Spendenquittung

Auch der Bettelmann nutzt freimarktliche Freigiebigkeit, um sich seinen Anteil am Bruttosozialprodukt zu sichern. Doch hatte er gestern am Lloydtunnel die Rechnung ohne jenen widerlichen Schnösel gemacht, der da mit seinen knapp zwanzig Lenzen im dunkelbauen Wollmantelklassiker daherstolzierte und mit großer Geste vor den Augen seiner strohgoldigen Begleiterin mit einem Zehner wedelte und den armen Lazarus am Wegesrande kichernd fragte, ob er denn steuerabzugsfähige Quittungen ausstellen könne. „Du blöde Sau wirst nochmal mittem Auto gegenen Baum krachen“, prophezeite der Bettler darauf in überschnappender Wut, und wenn es wahr ist, daß erfüllt wird, wenn zwei im gleichen Augenblick dasselbe wünschen, sollten Sie heute mal aufmerksam die Unfallmeldungen lesen. Da bereuen wir gar nichts!

Immer wieder dasselbe Spanferkel ist es vermutlich, von dem sich der bayrische Rauhaardackel Markwort das Focus-Entenfutter aus Bremen vor die feuchte Schnauze streuen läßt: Mit dieser zugegeben etwas bemühten tierischen Metapher wollen wir verhindern, daß uns die passenden Verbalinjurien aus dem Tippfinger fließen und die Jugendfreiheit dieses Blattes gefährden könnten. Festzuhalten bleibt jedoch, daß dieser schwiemelige Dauer-Desinformant in Sachen PKK längst unterm kühlen Rasen liegen müsste, wenn auch nur ein Bruchteil seiner Terror-Szenarien wahr wäre. So zeigen denn immer vier Finger auf den Denunzianten zurück...

So gehört an der Freimarkt-Losbude: „Ein schönes Spiel, ein reelles Spiel. Sie haben die freie Wahl, machen Sie davon Gebrauch!“ Die Qual der Wahl zwischen Balou dem Bär und Berti aus der Sesamstraße, das genau war's doch!

Im Waschsalon an der Vegesacker Straße findet sich am Aushangbrett in krakeliger Altmännerhandschrift dieses Sonderangebot: „Beweise Ihnen, wie Sie in fünf Jahren Millionär sein müssen mit täglich zwei Stunden Einsatz. Bitte schicken Sie einen Zwanzigmarkschein, bin Rentner und kann das Porto nicht alleine tragen, weil der Deutsche dieser Regierung egal ist und nur der Ausländer alles bekommt, sogar Fernsehn und eigner Kühlschrank im Gefängnis, meist wegen Rauschgift.“ Ja, so isses doch!

Was meint dieser Zettel „Von Kunde zu Kunde“ im Comet-Markt? „Gebe Einmachgläser neuwertig gegen Gebot ab, führe ihren Hund aus, werbe Sie für Lesering, Fernsehzeitung und Diät zum Anrühren gegen kleine Geschenke von mir an Sie (Kochclubkarten, hübscher Weinheber, Parfümproben). Mache auch Dessous-Parties und vermittle Überraschungseierfiguren.“ Tja die Krise – sie schafft die Unternehmerin neuen Typus. Noch ist die Marktwirtschaft nicht verloren...

Am Wurstpavillon in der Nähe der Rathausarkaden moniert eine Kundin schüchtern die hochgradig verkohlte Flanke ihrer Thüringer. Was die kecke Verkäuferin mit den netten Worten kontert: „Wenn Sie wüssten, wieviel Krebskeime in der Luft schweben, würden Sie auch nicht aufhören mit dem Atmen. Gesund ist doch heute nix mehr, und vom Kartoffelsalat, da können Sie auch was von kriegen oder auch vom besten Braten, wenn da Rinderwahnsinn drin ist!“ Die Welt ist in der Tat ein gefährlicher Ort und wird selten lebend überstanden. Vielleicht schaffen wir es ja gemeinsam auf ein Wiederlesen am nächsten Freitag an dieser Stelle...

Ulrich Reineking-Drügemöller