Hoffnung für Familie Hanna

■ Die gesamte Nachbarschaft saß gestern mit im Gerichtssaal

Gespannte Atmosphäre herrschte gestern im Sitzungssaal des Bremer Verwaltungsgerichtes: Die syrisch-deutsche Familie Hanna wollte einen Asylfolgeantrag durchsetzen und hatte nicht nur die drei Kinder mitgebracht – gekommen waren auch der Grohner Pfarrer Krzizanowski, Christine Bernbacher vom Petitionsausschuß sowie 40 NachbarInnen aus der Hochhaussiedlung Grohner Düne.

Vater Gabi Hanna war vor sechs Jahren mit der Familie nach Bremen geflohen, um der erpreßten Mitarbeit beim syrischen Geheimdienst ein Ende zu machen. Im Frühsommer 1994 nun wollte das Ausländeramt die Familie abschieben. Die Grohner Gemeinde bot Kirchenasyl an. Der öffentliche Druck auf Innensenator stieg so an, daß van Nispen im Juli schließlich eine sechsmonatige Duldung aussprach. Im Januar läuft sie aus. Eine Verlängerung hat der Innensenator bislang nur mündlich versprochen.

Familie Hanna kämpft weiter darum, als Asylbewerber anerkannt zu werden. Gestern ist sie dem einen Schritt näher gekommen: Zwar hat das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden über ein Asylfolgeverfahren, doch Rechtsanwalt Armin von Döllen geht davon aus, daß das Verwaltungsgericht das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge verpflichten wird, das Asylgesuch der Familie erneut zu prüfen. Ein sogenanntes Asylfolgeverfahren ist möglich, wenn neue Fakten vorliegen – in diesem Fall zum Beispiel der Bericht über die Verfolgung von syrischen RücckehrerInnen von der niederländischen Menschenrechtsorgansiation Inlia. Außerdem, so der Rechtsanwalt, sei dem syrischen Geheimdienst sicherlich nicht die Presseberichterstattung über Familie Hanna verborgen geblieben.

Eigentlich hatte das Verwaltungsgericht im Frühsommer diese Gründe bereits einmal als „nicht beachtlich“ abgelehnt. Schließlich könne die öffentliche Darstellung des Falles nicht so gefährlich sein, sonst hätte sich Familie Hanna sicher nicht diesem Risiko ausgesetzt, so die Begründung. Da griff Rechtsanwalt von Döllen zum Äußersten: Er legte Verfassungsbeschwerde ein. Schließlich hatte 1993 das Bundesverfassungsgericht festgelegt, daß Verwaltungsgerichte nur prüfen sollen, ob neue Gründe für eine Anerkennung als Asylbewerber vorliegen, nicht aber, ob diese Gründe tatsächlich zu einer Anerkennung führen können. Diese letzte inhaltliche Prüfung stünde nur dem Bundesamt zu. Offenbar hat sich das Bremer Gericht zwischenzeitlich eine Rüge vom Verfassungsgericht eingefangen, denn gestern es wollte keine Gutachter hören, sondern gab sich mit der Existenz der vorgelegten Papiere zufrieden.

cis