Mit Millionen ins verdiente Mittelmaß

■ Tennis Borussia wollte die Nummer eins im Berliner Fußball werden, doch bis jetzt ist der Verein des Millionärs Jack White nur Mitläufer in der Regionalliga

Im Frühjahr 1992 war der Musikproduzent und Millionär Jack White, der im bürgerlichen Leben auf den Namen Horst Nußbaum hört, angetreten, den gutbürgerlichen Charlottenburger Fußballverein Tennis Borussia zur Nummer eins in Berlin zu machen. Mittlerweile müßten auch ihm Zweifel gekommen sein, mit Geld allein ein Spitzenteam zusammenkaufen zu können. Der Verein ist in der Regionalliga derzeit bloß Mittelmaß.

Schon der Ausflug in die 2. Liga in der letzten Saison geriet zum Desaster. Nur am zweiten Spieltag stand der Club nicht auf einem Abstiegsplatz. Selbst die Verpflichtung mehrerer gestandener Erstligaspieler während der Saison konnte nicht verhindern, daß TeBe absteigen mußte. Eine annähernd zweistellige Millionensumme ließ sich der Hit-Produzent dieses Abenteuer kosten.

Trainer bis zum 14. Oktober 1993, als er nach 4:18 Punkten entnervt aufgab, war Willibert Kremer. Jack White wollte seinen Freund Kremer, mit dem er gemeinsam in den Sechzigern beim damaligen Oberligisten Victoria Köln die Fußballschuhe geschnürt hatte, nur ungern ziehen lassen. Doch angesichts der massiven Kritik an seiner Person bewahrte Kremer mit seinem freiwilligen Rückzug seinen präsidialen Freund davor, ihn feuern zu müssen.

Nachfolger auf dem Trainerstuhl wurde Wolfgang Sidka, der allerdings ebenso erfolglos blieb und noch vor Saisonende das Handtuch warf. TeBe-Präsident White mußte nach besiegeltem Abstieg im Mai dieses Jahres einen neuen Trainer suchen, der die Mannschaft zum sofortigen Wiederaufstieg führen sollte. Stolz stellte er damals fest: „Ich habe den neuen Trainer allein und aus dem Bauch heraus verpflichtet. Einen Kracher!“ Der Kracher, den er daraufhin präsentierte: Willibert Kremer.

Mit reichlich Geld wurde ein komplett neues Team zusammengekauft, und TeBe galt vor Beginn der laufenden Regionalliga-Saison als Top-Favorit. Nach nunmehr zehn Spieltagen ist die Bilanz allerdings äußerst mager: Platz 11 in der aktuellen Tabelle. Willibert Kremer gerät immer stärker in die Kritik. Die Spieler beginnen zu meutern, das Training sei zu monoton, der Trainer spreche nicht genug mit ihnen, stelle sie nicht richtig auf den Gegner ein. Selbst die ohnehin nicht zahlreichen TeBe-Fans haben inzwischen damit begonnen, Unterschriften gegen Kremer zu sammeln.

Den TeBe-Präsidenten ficht das alles nicht an. Kritik der Spieler am Trainer nennt White „frei erfunden“. „Das kann mich alles nicht beeindrucken“, meint er zur Unterschriftensammlung der Fans. „Willibald Kremer leistet hervorragende Arbeit.“

Wenn's der Trainer nicht ist, dann liegt es zumeist an den Spielern, daß es nicht so läuft wie geplant. Doch hier sieht White ebenfalls keinen Handlungsbedarf: „Die Mannschaft ist willig, kämpft auch und spielt zur Zeit eben ohne Fortune.“

Vereinsinsider lassen gelegentlich anklingen, daß dem Präsidenten die Nähe zur Mannschaft und deren Situation fehle. Mit seiner vorbehaltlosen Unterstützung Kremers stehe er ziemlich alleine. Dank seines finanziellen Engagements kann White im Verein allerdings schalten und walten wie er will.

Daß sein Konzept falsch sein könnte und sportlicher Erfolg nicht allein eine Frage des Geldes ist, daran verschwendet Jack White keinen Gedanken: „Wenn wir es in dieser Saison nicht schaffen, dann gibt es eben eine neue Saison.“ Andreas Pfahlsberger