Vorrang für das Fahrrad

■ Mit Bremer Konzepten den Verkehrsanteil des Fahrrads verdreifachen und zugleich die Sicherheit der Radler erhöhen

Wer dem Leben nicht mehr viel abgewinnen oder ganz einfach dem täglichen Nervenkitzel nicht widerstehen kann, der spart in Berlin besser das Geld für einen Bungee-Sprung und schwingt sich ganz einfach auf das eigene Fahrrad. Das Gefahrenpotential ist ein Grund, warum nur 6 Prozent des Gesamtpersonenverkehrs mit dem Rad erledigt werden. Damit liegt Berlin deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 11 Prozent.

Unbestrittene Vorreiter in der Fahrradnutzung sind dagegen die Bremer. Ganze 22 Prozent ihres Stadtverkehrs gehen auf das Rad. Dieser Erfolg gebührt vor allem einer fahrradfreundlichen Verkehrsplanung. Mit denkbar einfach umzusetzenden und kostengünstigen Maßnahmen wurde den Pedaltretern Platz zur Entfaltung gewährt. Klaus Hinte, seit 1985 Leiter der Bremer Verkehrsbehörde, stellte seine Rezepte gestern auf einem Vortrag im Kinosaal des Hauptbahnhofs vor.

Sein Hauptrezept ist die konsequente Rückführung des Rades auf die Straße, weil es am häufigsten zu Unfällen kommt, wenn Radfahrer vom separaten Fahrradweg zurück auf die Straße wechseln und so den Autofahrer überraschen. Statt dessen schlägt Hinte Fahrradstreifen auf sämtlichen Straßen vor, die ein geringeres Verkehrsaufkommen als 15.000 Autos am Tag haben. Die „objektive Sicherheit“ auf solchen Streifen überwiege das „subjektive Sicherheitsgefühl“ auf separaten Fahrradwegen. Weiterhin ist in Bremen ein Großteil der 30-km- Zonen und Einbahnstraßen zu „Fahrradstraßen“ umfunktioniert worden. Diese Straßen dürfen zwar auch von Autos befahren werden, jedoch genießt das Fahrrad dort Priorität. Einbahnstraßen hat man in Bremen sogar vielfach für Radfahrer in beide Richtungen geöffnet. Eine große Anzahl von Parkplätzen wurde zu Fahrradstellplätzen umfunktioniert. All diese Maßnahmen sind in Bremen mit minimalem Kostenaufwand durchgeführt worden. Noäl Rademacher