Kampagne gegen Kinderarbeit

■ Orientteppiche: Warenzeichen sollen faire Arbeitsbedingungen garantieren

Überall sind sie zu sehen, in exklusiven Wohnpalästen ebenso wie im netten Cafe um die Ecke, im noblen Hotel an der Alster und beim türkischen Schnellimbiß: Orientteppiche. Das ist nicht überraschend, denn Deutschland ist der bedeutendste Orientteppich-Importeur weltweit und der Hamburger Hafen der wichtigste Umschlagplatz. Der größte Teil der Teppiche wird von Kindern gewebt oder geknüpft. Allein in Indien sollen nach Schätzungen von „terres des hommes“ und indischen Menschenrechtsorganisationen bis zu 420.000 Kinder in der Teppichherstellung arbeiten, in Pakistan sogar 500.000.

Um der Kinderarbeit in Indien ein Ende zu bereiten, haben dortige Initiativen – Teppichhändler, Menschen- und Kinderrechtsorganisationen, Unicef India und das Indio-German Export Promotion Project (EGIP) – jetzt die „Rugmark“-Foundation gegründet. Die Foundation, in der nur Einheimische arbeiten, vergibt das „Rugmark“-Warensiegel in Indien. Um das Label zu bekommen, muß sich der Teppichhersteller verpflichten, keine Kinder unter 14 Jahren einzustellen und die staatlichen Mindestlöhne zu zahlen. Momentan wird noch darüber diskutiert, ob die Knüpfstühle allein von der “Rugmark“-Foundation oder mit Unterstützung der Regierung kontrolliert werden. Entschieden wurde bereits darüber, daß die Teppichhersteller ihre Knüpfstühle registrieren lassen und Kontrolleuren unangemeldet Zutritt gewähren müssen.

Die „Rugmark“-Teppiche sollen ab November oder Dezember in Deutschland zu kaufen sein, sagt Uwe Kleinert von der „werkstatt ökonomie“, die die Öffentlichkeits-Kampagne für „terres des hommes“, „Brot für die Welt“ und „Misereor“ in Deutschland koordiniert. Ein geringer Preisanstieg wird damit verbunden sein, „um die fünf Prozent“, schätzt Kleinert.

Gleiche Anforderungen wie „Rugmark“, allerdings ausgeweitet auf Nepal und Pakistan, stellt das Projekt der bundesdeutschen Teppichbranche „Aktion gegen Kinderarbeit – Care und Fair“. Das Label soll ab Januar 1995 vergeben werden. Die Lieferanten müssen sich auch hier verpflichten, staatliche Mindestlöhne zu bezahlen, menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu schaffen und eine medizinische Grundversorgung sicherzustellen. „Die Kriterien werden nicht von uns geprüft, weil wir nicht der Meinung sind, daß in solch korrupten Ländern eine sichere Überprüfung gewährleistet werden kann“, sagt Klaus Beekmann, Sprecher des Bundesverbandes der Orientteppichimporteure. Statt dessen soll es eine schwarze Liste geben für Teppichhersteller, die die Regeln mißachten.

Zusätzlich wurde ein Fonds eingerichtet, in den die Importeure ein Prozent des Einkaufspreises einzahlen, der auf den Endverkaufspreis aufgeschlagen wird. Mit dem Geld sollen vor Ort Schulen, Ausbildungsplätze und andere soziale Einrichtungen finanziert werden. Würden sich alle deutschen Importeure am Fonds beteiligen, könnten, so Beekmann, sieben bis acht Millionen Mark jährlich zusammenkommen.

„Es ist wichtig, daß die Kinder ein Auffangbecken haben. Denn wenn sie nicht mehr an den Knüpfstühlen arbeiten dürfen, prostituieren sie sich, um Geld zu verdienen“, sagt Beekmann. Absprachen mit Hilfs- oder Entwicklungsgruppen gibt es noch nicht, Mitte November soll an einem runden Tisch die Planung beginnen. Die „International Labour Office“ hat ihre Teilnahme bereits zugesagt, Beekmann hofft aber auch auf die Unterstützung durch „terres des hommes“ und andere Gruppen: „Wir haben keine Ahnung von Entwicklungsprojekten und brauchen Fachkräfte, die uns beraten und gute Projekte planen und durchführen können.“

Von den etwa 400 deutschen Importeuren sind 100 im Bundesverband organisiert, diese allerdings tätigen etwa 70 Prozent des Imports. Wieviele von ihnen sich dem Projekt bereits angeschlossen haben, will Beekmann nicht verraten. Ein kurzer Rundruf der taz ergab, daß viele, auch große Hamburger Teppichhäuser die Aktion nicht oder nur dem Namen nach kennen. Wer sich also für „Rugmark“- oder „Care und Fair“–Teppiche interessiert, der halte Ausschau nach den Warenzeichen!

Stefanie von Drathen