Vom Sheriff und vom Fiscus

■ Finanzämter bekommen für 30 Millionen neues EDV-System

Zu Robin Hoods Zeiten war alles ganz einfach: Der Sheriff von Nottingham ritt zu den Bauernhöfen, preßte den armen Leuten den sogenannten „Zehnten“ ab und preschte von dannen. Wir überspringen ein paar Jahrhunderte – und landen in den 60er Jahren in Hamburg, wo gerade elektronisches Teufelswerk in den Dienst des Steuerwesens eingeführt wird: die E-D-V.

Knapp 35 Jahre später gehört diese Kombination aus Magnet-Karten, Großrechnergeratter und Mäppchen-über-die-Flure-Getrage zu den „Asbach-Verfahren“, wie Finanzamtmann Otto Elvers den derzeitigen Status-Quo fast aller hanseatischen Finanzämter nennt. Denn mitten in die zaghaften Modernisierungsbemühungen mit einem Online-Verfahren, das derzeit in drei Finanzämtern erprobt wird, platzt nun FISCUS (Föderales Integriertes Standardisiertes Computer- Unterstütztes Steuersystem): ein PC-gestützes System, das Hamburg „30 Millionen Mark oder mehr“ kosten wird, wie Elvers, Gruppenleiter für technische Dienste bei der Steuerverwaltung, weiß.

Vorteil für das Finanzamt: Superschnelle und einfache Bearbeitung sämtlicher Steuerfälle. Nachteil für die BürgerInnen: siehe den Vorteil des Finanzamtes. Zudem werden die 30 Millionen von den Geldern bezahlt, die der Fiskus den Steuerzahlenden bislang abgenommen hat. Der moderne Sheriff von Nottingham rüstet auf.

Die Idee kommt jedoch nicht von ihm, FISCUS ist ein bundesweites, ein Königs-Projekt: Alle Länder sollen die gleiche Hardware und Software erhalten. Der Ankauf der Geräte und die Installation der Programme sind ein Milliarden-Geschäft, das nun die Firmen Siemens und Nixdorf machen. Der entsprechende Vertrag soll noch diesen Monat unterschrieben werden.

Am 29. Juni diesen Jahres entschied die Hamburger Bürgerschaft, dem bundesweiten FISCUS beizutreten. Vorangegangen waren Testläufe für die Entwicklung eines solchen Riesen-Systems in Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. Da die Erfahrungen, so Elvers, „positiv“ ausfielen, werden ab jetzt PCs gekauft. Für Hamburg ist der Ankauf von 2.500 Geräten (für 3.000 Mark pro Stück) notwendig, hinzu kommen 600 sogenannte notebooks, tragbare Geräte für BetriebsprüferInnen. In drei bis vier Jahren soll die Umstellung beendet sein.

In den Finanzämtern sind die MitarbeiterInnen skeptisch. Ältere BeamtInnen haben „Schwellenangst“, wie Elvers weiß. Diejenigen, die in den drei modernisierten Finanzämtern arbeiten, sind nun sauer, daß sie nach anderthalb Jahren schon wieder ein neues Computer-System erlernen sollen. Doch der neue PC soll idiotensicher sein. Elvers: „Und die Maus beißt nicht“.

Annette Bolz