„Sehr begrüßenswert“

■ Filmproduzent Wieland Schulz-Keil über die neue Studiogründerzeit

Wieland Schulz-Keil („Mesmer“, „The Innocent“) produziert in Babelsberger Studios

taz: Allenthalben schießen neue große bis gigantische Studios aus dem Boden – in Hollywood, aber auch in Paris und London. Wird man da in Babelsberg nicht ein wenig unruhig?

Schulz-Keil: Ach i wo, ich halte das alles für sehr begrüßenswert. Als Produzent hat man doch in dieser Situation eine größere Auswahl, es wird mehr Konkurrenz geben, die das Geschäft nur beleben kann. Das ist der „selbstsüchtigere“ Grund für meine Zustimmung. Ein etwas objektiverer Grund ist, daß die Neugründungen in Europa ein Indikator dafür sind, daß eine Produktionsform, die man für die Herstellung eines vernünftigen Spielfilms braucht, auch außerhalb der USA wieder attraktiv wird. Ich bin sowieso der Ansicht, daß die europäischen Filmproduzenten – wenn sie nicht völlig verschlafen sind – sich freuen können, denn die Produktion in Europa wird dadurch schlicht zunehmen.

Produzenten vielleicht schon, aber was heißt es konkret für Babelsberg als Studio?

Diese Entwicklung ist für Babelsberg so gut wie für alle anderen Studios.

Aber Regisseure wie Ivory oder Doillon werden dann doch eher nach London oder Paris gehen, meinen Sie nicht?

Ach Gott, die werden manchmal nach London gehen, dann wieder nach Paris, dann nach Berlin – die Frage ist nicht, was der einzelne Regisseur in einem Fall tut oder nicht tut, weil das stark von dem Film abhängt. Diese Entwicklung bringt einfach für alle mehr Flexibilität. Es werden in den nächsten fünf Jahren sehr viel mehr Filme in Studios entstehen als in den vergangenen fünf Jahren, weil man sieht, daß es so nicht weitergeht mit der europäischen Produktion. Es reicht nicht, ein Büro in Kreuzberg zu haben und dann mit der Kamera auf die Wiese zu fahren. Also muß gebaut werden, mehr Dekorationen, Sets, Schnitte, da braucht man Studios.

Warum drehen denn dann nicht viel mehr Leute in Babelsberg?

Was in Babelsberg noch fehlt, gerade in einer verschärften Konkurrenzsituation, sind Finanzierungsdienste. Andere Studios in anderen Ländern bieten das selbstverständlich an. Wir haben in Babelsberg genauso gute oder bessere Schreinerwerkstätten als anderswo, die Hallen sind groß genug, und das Essen im Café ist inzwischen auch gut geworden; Babelsberg liegt günstig, man ist schneller vom Zentrum Berlins in Babelsberg als man vom Zentrum Roms in Cinecitta ist oder vom Zentrum Londons in den Shepperton Studios – aber was fehlt, sind eben vom Studio angebotene Finanzierungsleistungen. Ein amerikanisches Studio ist eine Kombination aus Verleih, Produktionsstätte und Finanzierungsinstitut. Babelsberg hat auch keinen Verleih. Wenn Sie mit einem amerikanischen Studio einen Film machen, dann wird der Film von denen finanziert. Das heißt nicht, daß sie das Geld aufbringen, aber sie machen die finanzielle Abwicklung, die Zwischenfinanzierung, die in Europa jeder Produzent selber macht. Das kann man machen bei Filmen mit einem Budget von drei, vier Millionen; dann versetzen sie eben mal ihr Haus. Aber das können sie nicht machen, wenn der Film vierzig Millionen Mark kostet und sie drei davon im Jahr machen wollen. Da fehlt es in Deutschland noch an den geeigneten Instrumenten, da sind die Engländer uns sicherlich voraus; die Franzosen haben gute Finanzierungsinstrumente nur für nationale Produktionen.

Glauben Sie, daß es von Vorteil ist, wenn Studios von Regisseuren geleitet werden?

Wenn Sie von Regisseuren wie Spielberg oder den Brüdern Scott reden, dann reden Sie von großen Industrieunternehmen. Der Erfolg hängt nicht unbedingt davon ab, ob einer nun Regieerfahrung hat oder nicht; es gibt auch erfolgreiche Studios, die nicht von Regisseuren geleitet werden. Da würde ich keine Regel draus machen. Interview: Mariam Niroumand