Italischer Poker

■ EU-Finanzminister einigen sich auf einen höheren Gemeinschaftshaushalt

Brüssel (taz) – Die zwölf Finanzminister der EU, die gestern eigens zu einer Sondersitzung nach Brüssel gereist waren, fanden schließlich doch noch einen Kompromiß. Silvio Berlusconi darf zufrieden sein. Statt einer Strafe von fünf Milliarden Mark muß die italienische Regierung nur 1,9 Milliarden an die Europäische Union zahlen. Im Gegenzug hebt Italien sein Veto gegen die Erhöhung des EU-Haushaltes auf.

Seit Anfang des Jahres blockierte die italienische Regierung die in Maastricht beschlossene Erhöhung des EU-Haushaltes, um einen Strafnachlaß wegen der Überschreitung der Milchquoten zu erreichen. Das eine hat zwar mit dem anderen wenig zu tun. Aber die italienische Regierung von Silvio Berlusconi benutzte ebendiesen Hebel und erpreßte die anderen EU-Regierungen, einem Strafnachlaß zuzustimmen.

Über Jahre hat das italienische Landwirtschaftsministerium seinen Bauern erlaubt, mehr Milch zu verkaufen, als von der Europäischen Union zugestanden wird. Neun Millionen Tonnen hätten die italienischen Bauern ihren Kühen jährlich abnehmen dürfen, tatsächlich aber haben sie elf Millionen Tonnen gemolken. Die italienische Regierung argumentierte, daß die Quote wegen technischer Fehler bei der Berechnung zu niedrig kalkuliert sei.

Die Europäische Kommission, die für die Durchführung der Agrarbeschlüsse zuständig ist, schloß sich vor Monaten dieser Auffassung an. Auf der verzweifelten Suche nach einem Kompromiß erhöhten die Finanzminister gestern rückwirkend die italienische Milchquote. Dadurch reduzierte sich die Strafe auf rund 3,8 Milliarden Mark. Spanien, das ebenfalls seine Quote überschritten hat, muß 2,6 Milliarden nachzahlen. Die Finanzminister standen unter Zeitdruck, denn am Dienstag kommender Woche will das Europaparlament mit der Beratung des Haushalts für 1995 beginnen. Ohne die in Maastricht beschlossene Erhöhung des EU-Budgets um rund 1,2 Milliarden auf knapp 150 Milliarden wäre das Rechenwerk nicht aufgegangen. Alois Berger