Mehrheitsdiktatur?

■ SPD unterstützt Antje Vollmers Kandidatur / Abgeben kann sie nichts

Berlin (taz) –Über mangelnde Zustimmung zu ihrer Kandidatur für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin kann sich Antje Vollmer derzeit nicht beklagen. Insbesondere die Sozialdemokraten unterstützen das Ansinnen der Grünen, künftig wie alle anderen Fraktionen auch im Präsidium des Parlaments vertreten zu sein. So erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Peter Struck, er halte den Anspruch der Grünen für legitim. Struck forderte insbesondere die Unionsfraktion zu einem „ordentlichen Umgang mit allen Mitgliedern des Bundestages“ auf. Die parlamentarische Mehrheit dürfe nicht zur „Diktatur über die Minderheit“ führen. Nach bisherigem gutem Brauch solle auch jetzt verfahren werden.

Doch nach dem bisherigen Brauch sah es noch immer so aus, daß den Grünen die Position verweigert wurde. 1987, anläßlich der Kandidatur der Grünen Christa Nickels, hatte sich auch der damalige Alterspräsident Willy Brandt in seiner Eröffnungsrede für die Grünen eingesetzt: „Abgeordnete höheren und niederen Ranges gibt es nach der Verfassung nicht. Für mich ergibt sich hieraus, daß alle Fraktionen über die gleichen Chancen der Mitwirkung verfügen sollen.“ Dafür will die SPD wohl auch diesmal wieder streiten. Allerdings gab Peter Struck bekannt, die SPD werde den Grünen „mit Sicherheit keinen Sitz abtreten“. Schade, denn auch die Union hat nur noch einen Sitz für ihren Koalitionspartner FDP übrig. Der SPD- Abgeordnete Michael Müller erklärte denn auch, er sehe „keinen Grund, warum der Wahlverlierer FDP seinen Sitz im Bundestagspräsidium behalten sollte“. Ähnlich argumentiert auch die grüne Fraktionsspitze. Sie leitet ihren Anspruch aus ihrem Rang als drittstärkste Fraktion ab. Im bisherigen Präsidium stellt die CDU die Präsidentin, CSU und FDP je einen, die SPD zwei VizepräsidentInnen. Für die SPD sollen künftig Hans-Ulrich Klose und Anke Fuchs präsidieren. Eine Erweiterung des Präsidiums gilt derzeit als wenig wahrscheinlich. eis