Stasi-Quittungen belasten Gysi

■ MfS-Offizier soll dem PDS-Politiker zu seinen Geburtstagen Geschenke gekauft haben / PDS dementiert

Berlin (taz) – Neue Indizien erhärten den Verdacht, daß der PDS-Politiker Gregor Gysi in der Vergangenheit offenbar doch mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) kooperiert hat. Das berichtet der Spiegel. Danach hat die Gauck-Behörde Quittungen gefunden, die Geschenke der Stasi an Gysi belegen sollen. Gysi hingegen bestreitet, Stasi-Präsente erhalten zu haben. Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Hans Gottfried Bernrath (SPD), forderte unterdessen den PDS-Politiker auf, sein Bundestagsmandat bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen zu lassen.

Nach Angaben des Spiegel sind die Mitarbeiter der Gauck-Behörde auf eine Sammlung von „Operativgeldabrechnungen“ der Stasi gestoßen. Diese Quittungen sollen belegen, daß der MfS- Oberstleutnant Günter Lohr dienstlich mehrfach Geburtstagsgeschenke im Wert von rund hundert Mark gekauft haben soll, die für den Rechtsanwalt Gysi bestimmt waren. Die Präsente seien in einer Akte „Sputnik“ verbucht worden. Dabei handele es sich um eine „operative Personenkontrolle“ (OPK), ein Aktenbündel, in dem in der Regel Informationen über Oppositionelle gesammelt wurden. Eine OPK sei aber auch angelegt worden, wenn sich die Stasi unter besonderer Geheimhaltung um potentielle Helfer bemühte. Für Gysi beweist gerade die „OPK“, daß er nicht für die Stasi gearbeitet habe, sondern ausspioniert worden sei. Die Spiegel- Verfasser halten dagegen: „Ihre Opfer pflegte die Stasi nicht zu beschenken.“

Für PDS-Sprecher Hanno Harnisch belegen die Quittungen nur, daß im Rahmen eines „operativen Kontrollvorganges gegen Gregor Gysi auch Geschenke verteilt wurden“. „Mit Sicherheit“ seien diese aber nicht an Gysi gegangen. PDS- Chef Lothar Bisky unterstrich, es gebe nach Auskunft der Gauck- Behörde keine Verpflichtungserklärung Gysis. Gysi habe mehrfach eidesstattlich erklärt, „niemals inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit gewesen zu sein oder mit dieser kooperiert zu haben“.

In einer Erklärung mit dem Titel „Herr Gysi – es reicht“ haben sich gestern über 30 Politiker und Bürgerrechtler hinter die früheren DDR-Oppositionellen Bohley, Fuchs, Havemann, Klier und Schulz gestellt, die Gysi wegen seiner Vergangenheit scharf angegriffen hatten. Die Unterzeichner – von der Bundestagsabgeordneten Angelika Barbe (SPD) über Rainer Eppelmann (CDU) und den Stasi-Beauftragten des Landes Berlin, Martin Gutzeit, bis zu Sachsens Umweltminister Arnold Vaatz (CDU) – werfen Gysi vor, er habe die ihn betreffenden Akten nicht vollständig offengelegt. Gysi werde „nicht erreichen, daß wir unsere Erfahrungen mit der DDR- Justiz und die Rolle, die er in dieser Justiz spielte, verschweigen und vergessen“.

Gregor Gysi habe durch seine Tätigkeit als Anwalt „eine der größten Karrieren im Lügen-, Bespitzelungs- und Unrechtssystem der DDR gemacht“. wg