Stadterneuerung droht Scheitern in Bezirken

■ Bezirke kritisieren, daß sie weder personell noch finanziell in der Lage seien, die neuen Sanierungsgebiete zu bearbeiten

Die von Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) als Erfolg für die Stadterneuerung gefeierte Festlegung von elf weiteren Sanierungsgebieten (taz berichtete) wird sich in der Praxis womöglich als bloßes Wunschdenken erweisen. Das zumindest befürchten die Bezirke, die sich um die Umsetzung der öffentlich geförderten Sanierungsmaßnahmen zu kümmern haben.

„Mit dem bisherigen Personal ist das nicht zu schaffen“, klagt der Prenzelberger Baustadtrat Matthias Klipp (Bündnis). Zwei Sanierungsgebiete wurden hier bereits im vergangenen Jahr festgelegt. Nun kamen zwei weitere Gebiete mit insgesamt fast 10.000 Wohnungen dazu. Um die Umsetzung der Sanierung durch die Mitarbeiter seines Bauamtes zu bewerkstelligen, hatte Klipp vier weitere Stellen für die Sanierungsverwaltung gefordert. „Statt dessen“, schimpft er, „werden wir von der Innenverwaltung nur eine zusätzliche Stelle bekommen.“

Mit der zehnten Rechtsverordnung wurden im Oktober dieses Jahres elf weitere Untersuchungsgebiete unter anderem in Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Mitte und Lichtenberg förmlich zu Sanierungsgebieten festgelegt. Jeder Bauantrag muß künftig vom Bezirk auf seine Sozialverträglichkeit überprüft, Eigentümer beraten, Umsetzwohnungen bereitgestellt oder Verkehrswertgutachten erstellt werden. Ein Behördenalltag, der in den Bezirken kaum mehr zu bewältigen ist. Auch im Bezirk Mitte, der mit der südlichen Brunnenstraße zusätzlich zur Spandauer Vorstadt ein weiteres Sanierungsgebiet bekommen hat, ist der Aufwand mit einer in Aussicht gestellten zusätzlichen Stelle „nicht mehr zu schafffen“, klagt die Leiterin der Sanierungsverwaltungsstelle, Röse. Aus der Innenverwaltung hieß es dazu gestern, daß man bereits im vergangenen Jahr begonnen habe, die Stellen der Westberliner Sanierungsverwaltungsstellen in die Ostbezirke überzusiedeln. Ingesamt jedoch, sagte der zuständige Mitarbeiter der Innenverwaltung, Klaus Contzen, habe man den Stellenplan von 94 Mitarbeitern aufgrund der prekären Finanzlage nicht aufstocken können.

Doch nicht nur die fehlenden Stellen plagen die Bezirke, sondern auch Mittelkürzungen für sogenannte „Ordnungsmaßnahmen“, die Finanzierung der Sozialpläne sanierungsbetroffener Mieter, der Bürgerbeteiligung oder der Sicherung von Umsetzwohnungen. In Mitte wurden die Mittel von 4,6 Millionen Mark um eine Million gekürzt. Um zwei Millionen auf nunmehr sieben Millionen Mark wurden die Gelder für „Ordnungsmaßnahmen“ in Friedrichshain, seit Oktober mit zwei neuen Sanierungsgebieten dabei, zusammengestrichen. Der Grund: Im Rahmen der Globalzuweisung der Finanzverwaltung an die künftigen Bezirkshaushalte spielte die Festlegung weiterer Sanierungsgebiete keine Rolle. „Die Finanzverwaltung“, meint der Prenzelberger Baustadtrat Matthias Klipp, „hat uns nur mitgeteilt, wir könnten ja innerhalb der Globalhaushalte umschichten.“ Angesichts der bezirklichen Zuständigkeit für Wohngeld und Sozialhilfe, schimpft Klipp, sei das schlicht zynisch. Uwe Rada