Ein Herz für Kinder

■ Deutsche Textilindustrie schrumpft weiter / Verband fordert Sanktionen gegen Kinder- und Zwangsarbeit

Frankfurt (AP/dpa/taz) – Vom wirtschaftlichen Aufschwung merkt die deutsche Textilindustrie bislang nichts. Die Inlandsnachfrage sei nach wie vor zu schwach, klagt der Hauptgeschäftsführer von Gesamttextil, Wolf-Rüdiger Baumann, zu Beginn der Frankfurter Messe „Interstoff“. Produktion und Auftragseingänge seien in den ersten acht Monaten dieses Jahres um fünf Prozent zurückgegangen, der Umsatz schrumpfte um 7,5 Prozent auf 19,2 Milliarden Mark.

Auch der Arbeitsplatzabbau sei noch in vollem Gange. Allein seit Jahresbeginn wurden 10.000 Stellen gestrichen. In Westdeutschland schrumpfte die Belegschaft auf 150.000 Frauen und Männer, im Osten hielt sie sich etwa bei 17.000.

Schwer zu schaffen macht der krisengeschüttelten Branche der immer stärker werdende Importdruck, insbesondere aus China. Laut Baumann hat allein die Volksrepublik China im vergangenen Jahr Textilien im Wert von 4,2 Milliarden Mark nach Deutschland eingeführt. Dem standen deutsche Exporte von gerade mal 60 Millionen gegenüber. Insgesamt kommen zwei Drittel der in Deutschland verkauften Textilien aus dem Ausland.

In dieser mißlichen Lage entdeckt der Textilverband sein Herz für Kinder. Verbandspräsident Wolf Dieter Kruse fordert, „die Handelspolitik als Instrument zu verwenden, um der Ausbeutung von Menschen am Arbeitsplatz entgegenzuwirken“. Das asiatische Land, in dem Gefangene zur Textilproduktion eingesetzt würden, „entwickelt sich zu einem der weltgrößten Hersteller von Textilien und Bekleidung“, sagt Baumann.

Spürbare Sanktionen sollten auch in den weniger entwickelten Ländern menschenwürdige Arbeitsbedingungen sichern. Neben der Gefängnisarbeit in China müsse auch die Kinderarbeit in indischen und pakistanischen Textil- und Bekleidungsfabriken verboten werden, forderte der Verbandspräsident Wolf Dieter Kruse. Über den deutschen Marktanteil der so hergestellten Produkte konnte der Verband keine Angaben machen. lieb