Die PDS ganz schnell entzaubern

■ Interview mit Heiko Gentzel (34), Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag von Thüringen

taz: Im Gegensatz zu Ihren SPD-Freunden in Mecklenburg- Vorpommern zeigen Sie der PDS die kalte Schulter. In Thüringen will die SPD mit der CDU regieren. Warum ist ihr Fraktionschef Gerd Schuchardt nicht auch auf die PDS zugegangen?

Heiko Gentzel: Weil es in Thüringen zwischen SPD und PDS kaum inhaltliche Übereinstimmungen gibt. Das Programm der PDS ist ein Wunschprogramm, das kurz vor Weihnachten geschrieben wurde – ohne jeden realpolitischen Hintergrund. Und natürlich hat unsere ablehnende Haltung auch etwas mit der Vergangenheit dieser Partei zu tun.

Die scheint Ihre Genossen in Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr zu stören.

Das ist deren Problem. Das interessiert uns hier in Thüringen nicht. Fairerweise muß aber auch gesagt werden, daß man nicht generell über die PDS sprechen kann. Die PDS stellt sich in jedem Bundesland und auch in jeder Landtagsfraktion im Osten anders dar. Die Mecklenburger haben aus ihrer Sicht entschieden – und wir aus unserer Sicht.

Demnach kann jeder SPD- Landesverband machen, was er will?

Das sicherlich nicht. Aber es gibt schon die Selbständigkeit. Und es gibt die Kenntnisse von den Verhältnissen vor Ort. Insofern stimmt es schon, daß die Landesverbände ihre eigenen Entscheidungen treffen müssen, denn sie müssen danach ja auch die Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen. Wir haben uns klar entschieden: keine Tolerierung, keine Duldung der PDS.

Es ärgert Sie nicht, daß Ihr Parteifreund Harald Ringstorff in Mecklenburg-Vorpommern eine Partei hoffähig macht, der Leute wie der Wahlfälscher Modrow oder hier in Thüringen der DDR- Oberzensor Klaus Höpcke angehören?

Ich wäre mit einer solchen Wertung, daß die PDS in Mecklenburg durch die SPD hoffähig gemacht werde, vorsichtig, weil ich die Verhältnisse dort nicht so genau kenne. Immerhin gibt es in unserer Partei in Schwerin auch viel Kritik am Stil von CDU-Ministerpräsident Seite. Bei der Entscheidung, auch mit der PDS zu verhandeln, hat deshalb auch das Verhalten der CDU in den vergangenen vier Jahren im Landtag offenbar mit eine Rolle gespielt.

Wie sollen Ihrer Auffassung nach denn Parteien künftig mit der PDS umgehen?

Man darf die PDS-Vertreter nicht länger wie Aussätzige behandeln. Die PDS hat gerade hier im Osten ein beachtliches Wählerpotential an sich gebunden. Man muß damit anfangen, sie parlamentarisch wie eine ganz normale Partei zu behandeln, das heißt, sich inhaltlich mit ihr auseinandersetzen. Nur so kann ihr die Aura einer geknechteten, einer verfolgten, einer von allen gejagten Partei genommen werden. Wenn wir das schaffen, ist die PDS schnell entzaubert – und dann auch im Osten kein Machtfaktor mehr.

Interview:

Klaus-Peter Klingelschmitt