Alle sind unendlich müde

Von Ausgangssperren und Schwarzmarkthandel, Parties und Konferenzen: Tagebuch aus Sarajevo  ■ Von Radha Kumar

Kam vor zwei Tagen hier an. Die Washingtoner Vereinbarung vom letzten Monat wird allerorten als Beginn des Übergangs vom Krieg zum Frieden bezeichnet, und die Leute von UN und UNHCR sprechen davon, ihre Hauptquartiere hierher zu verlegen. Sie scheinen zu glauben, daß ein dauerhaftes Abkommen direkt bevorsteht – oder tun zumindest so.

Die Meinungen über die Vereinbarung von Washington sind hier geteilt. Die Optimisten sehen sie als eine echte kroatisch-bosnische Annäherung, die durch amerikanischen Druck zustande gekommen ist und erwarten, daß ähnlich erfolgreich auf die Serben Druck ausgeübt werden kann, damit auch sie sich einer Konföderation anschließen.

Die Pessimisten sehen diese Vereinbarung als einen entscheidenden Schritt in Richtung Akzeptanz der Teilung; die Frage ist dann nur, ob die Teilung durch einigermaßen zynischen Landtausch (und „ethnische Säuberungen“) oder durch mehr Krieg zustande kommt. Immer noch ist ab 22 Uhr Ausgangssperre, und man hat mir gesagt, daß alle Telefone routinemäßig abgehört werden und wir alle unseren individuellen Überwacher haben. (4. April)

7. April Die Serben haben angefangen, Goražde anzugreifen. Der kommandierende UN-General Rose erklärte auf CNN, alles sei unter Kontrolle – währenddessen erobern die Serben wichtige Schlüsselpositionen rund um die Stadt. Präsident Izetbegović läßt Appelle an die Nato los, die Serben zu bombardieren.

Sah gestern Ademir Kenovićs Film „Umrijeti u Sarajevu“ („Sterben in Sarajevo“). Bei der Sequenz mit dem jungen serbischen Paramilitär, der sich zu einer ganzen Serie brutaler Morde bekennt, läuft es einem eiskalt über den Rücken.

Danach gingen wir essen. Das beliebte Schwarzmarkt-Restaurant war voll. Auf den Straßen viele Soldaten. Alle feierten den Jahrestag der „bosnischen Unabhängigkeit“ – als die europäische Gemeinschaft Bosnien-Herzegowina als unabhängigen Staat anerkannte. Mehrere Leute wurden wegen Verstoß gegen die Ausgangssperre verhaftet, darunter auch der Chefredakteur der BH-Days. Er verbrachte die Nacht in einer Zelle und schrieb am nächsten Tag ein lakonisches Stück über die ironische Kombination von Feiern und Ausgangssperre.

Es ist kalt und feucht. Alle sind müde. Als man noch beschossen wurde, war das Überleben schon ein Sieg und der aufrechte Gang schon eine Geste der Rebellion. Jetzt gibt es keinen Beschuß mehr, aber die Stadt ist weiterhin umzingelt, und noch immer gibt es keinen normalen Alltag für die Menschen. Es gibt nur wenig Nahrungsmittel, Elektrizität nur jeden dritten und Wasser nur jeden zweiten Tag. Gehässige Kleinlichkeit kommt an die Oberfläche. Morgen fahre ich nach Split, um Essen zu kaufen.

14. April Die Serben haben alle Unprofor-Beobachter und einige Soldaten in der 20-Kilometer- Zone um Sarajevo herum in Haft genommen. Das serbische Fernsehen berichtet, daß 200 Unprofor- Soldaten sich vom Berg Imam zurückziehen und die Stellungen bosnischen Truppen überließen. Unprofor dementiert sowohl die Verhaftungen als auch die serbischen Vorwürfe. Währenddessen erfüllen die Serben ihre historische Mission und haben die Drina überquert. Zdravko Grebo ist aus Mostar zurück. Er glaubt, daß der Prozeß der Radikalisierung ziemlich fortgeschritten ist. Keiner von uns kann sich eine Reintegration in der Stadt mehr vorstellen. Er erzählte, daß während des kroatischen Beschusses viele Kroaten vom linken Ufer Botschaften an die Muslime auf dem rechten Ufer schickten, in denen sie schrieben, daß sie den Krieg nicht wollten. Aber die Botschaften wurden nicht verteilt.

15. April Die Serben haben das rechte Ufer von Goražde eingenommen. Ein UN-Beobachter wurde getötet, und Berichten zufolge sind Tausende Bosnier tot und verwundet. Ein Nato-Flugzeug wurde abgeschossen. Lord Owen, Herr Stoltenberg und die meisten höheren UN-Beamten sind in Pale und verhandeln über die Freilassung ihrer Leute; sie fordern von den Serben den Rückzug bis 8 Uhr morgens am 17. April hinter eine Linie drei Meilen um Goražde herum. Soweit wir dem serbischen Fernsehen entnehmen konnten, sind die Serben nicht total abgeneigt ... Aber die Teilung in Mostar scheint sich zu verfestigen. Heute sahen wir im Fernsehen eine muslimische Delegation, die nach West-Mostar ging, angeführt von den Muftis, und eine katholisch-kroatische Messe, die im Osten Mostars stattfand. Der Mufti von Zenica war auf dem Bildschirm bei der Eröffnung einer Sportveranstaltung zu sehen.

18. April Die Serben sind nicht abgezogen, und das Ultimatum ist verlängert worden ... Die Nachrichten aus Goražde sind schrecklich. Das Krankenhaus ist mehrmals schwer beschossen worden. Es gab auch einen Angriff auf das UNHCR-Gebäude, da sitzen jetzt alle in den Kellern. Unprofor hat seine Soldaten und Beobachter abgezogen und UNHCR, Médecins sans Frontières und andere zurückgelassen.

Ein UN-Beobachter-Bericht hatte den bevorstehenden Angriff der Serben auf Goražde gemeldet, war aber ignoriert worden.

21. April Das serbische Fernsehen zeigt voller Begeisterung Bilder des Nato-Flugzeuges, wie es runterkommt, zeigt die toten Soldaten und die mutigen Serben, wie sie dem westlichen Imperialismus widerstehen. Das bosnische Fernsehen zeigt endlos Bilder muslimischer Toter, traurige Klagelieder und im Hintergrund ein regenverhangenes Minaret. Neulich wiederholten sie die Bilder von den Toten in Goražde und schnitten direkt Bilder von Anti-UN-Demonstrationen im Iran daran.

24. April Ein junger UN-Soldat, der der UNHCR zugeordnet war, wurde vor ein paar Tagen beim Verstoß gegen die Ausgangssperre erschossen. Es sieht aus, als sei er in Zivil gewesen und die Wachhabenden deshalb in Panik geraten. Die bosnische Regierung scheint eine Lockerung der Ausgangssperre zu erwägen, aber keine Aufhebung.

Heute ging ich mit Herrn Hiko zum Schwarzmarkt. Viel gibt es da nicht – ein paar Dosen UN-Essen, etwas Seife, ein oder zwei Flaschen Speiseöl, alles sehr teuer. Eine Flasche Whisky kostete 150, eine Flasche Loza 100 Mark. Das Durchschnittseinkommen beträgt zwischen zwei und vier Mark – wenn man nicht ohnehin gleich in Zigaretten bezahlt wird.

Es gibt sehr viel mehr Frauen mit Kopftüchern als früher. Man erzählte uns, daß eine islamische Wohltätigkeitsorganisation namens Igasa, die aus dem Iran Gelder kriegt, ihnen 50 Mark dafür gibt. Und daß Saudi-Arabien angeboten hat, Geld für den Wiederaufbau der Schulen und Universitäten zu geben, unter der Voraussetzung allerdings, daß Kurse über den Islam und überhaupt eine islamische Erziehung eingeführt werden.

30. April Besuchte heute Mr. Eagleton, den UN-Koordinator für Sarajevo. Die Linie der UN ist, die Infrastruktur Sarajevos wieder nach den Prinzipien wie vor dem Krieg aufzubauen; damit hofft man, die Kommunikation zu den von den Serben kontrollierten Bezirken Grbavica, Illidja und Rajlovac aufrechtzuerhalten. Der Wiederaufbau der Infrastruktur soll 500 Millionen US-Dollar kosten ... Die Konkurrenz zwischen den westlichen Ländern, wessen Unternehmen ein dickeres Stück vom Aufbaukuchen kriegt, ist schon im vollen Gange ... Mr. Eagletons Aufgabe ist sehr restriktiv definiert. Weder polizeiliche noch rechtliche Angelegenheiten, die früher einmal dazugehören sollten, sind Teil seines Verantwortungsbereichs. Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, daß es sehr lange dauern wird, bevor Sarajevo sich der Reintegration seiner Bevölkerungsteile wieder öffnen wird. Die meisten glauben, daß die Serben ihre kleinen Teile von Sarajevo nie im Leben wieder zurückgeben werden – dafür verkörpern die zu sehr auch ihren Anspruch auf Kultur. Aber auch die Stadt selbst hat sich verändert. Sie hat sich zunehmend radikalisiert, und man spürt die starke Feindseligkeit, selbst auf dieser Seite, gegenüber den zaghaften Versuchen der UN um Normalität und ethnische Integration. Noch vor ein paar Wochen starb man bei einer Fahrt mit der Straßenbahn durch die Kugeln von Scharfschützen. Gestern wurde ein Mann, der nach Grbavica gereist war, erschossen. Der Vorsitzende der Bezirksversammlung von Grbavica war umgebracht worden: Vier Männer waren mit Maschinenpistolen in sein Büro gekommen und hatten das Feuer eröffnet. Der Mann, der zufällig gerade danebenstand und aus Sarajevo nur für ein Essenspaket nach Grbavica gekommen war, wurde ebenfalls tödlich getroffen. Die Leute zucken darüber nur die Schultern und mokieren sich ein bißchen, wenn sie davon erzählen. Über den Tod des Bezirksvorsitzenden redet man überhaupt nicht; alle sind der Meinung, daß es um einen Streit innerhalb der Mafia ging.

7. Mai Gestern war unsere Tagung über Flüchtlinge und das Recht zur Rückkehr in die Heimat. Sechsundachtzig Leute kamen! Selbst Vlado, der so gerne überheblich tut, lächelte und sagte, das sei das beste Treffen in Sarajevo seit Beginn des Krieges gewesen. Es war das erste Mal, daß Repräsentanten internationaler Organisationen, der bosnischen Regierung und unabhängige Intellektuelle öffentlich über etwas diskutiert haben. Die „Internationalen“ halten sich von den Einheimischen meist fern, und daraus entstehen sowohl antikoloniale Vorwürfe als auch tatsächlich koloniale Haltungen. Am schlimmsten sind die Leute von den Vereinten Nationen. Ich habe viel von allen gelernt. Die vorherrschende Meinung ist, daß die bosnische Regierung die Rückkehr der Flüchtlinge fordert, weil man mit dem Druck der Bevölkerung im Rücken eine bessere Verhandlungsposition hat. Gleichzeitig sind sie jedoch nicht zu einer Amnestie gegenüber zurückkehrenden Flüchtlingen bereit, das heißt, daß sich viele auf Prozesse wegen Fahnenflucht gefaßt machen müssen und auch auf den Einzug zum Militär. Ein noch größeres Problem ist, daß jeder zu seiner „original einheimischen“ Bevölkerung zurückkehren will ... Es gab einige spitze Bemerkungen über „Männer aus Sandzak“. Ganic kommt aus Sandzak, das islamischer sein soll als andere Gegenden. Offenbar erheben die neuen Bosniaken territoriale Ansprüche auf Sandzak.

16. Mai Unprofor strengt sich sehr an, Informationen zu verbreiten, daß die Nachrichten über Goražde übertrieben und die Angaben der bosnischen Regierung über die Anzahl der Toten und Verwundeten viel zu hoch gewesen seien. Sie behaupten, daß nicht mehr als 200 gestorben sind; Beweise für Zahlen hat keine der beiden Seiten. Tatsache ist, daß UN und UNHCR ihre Zahlen immer von der bosnischen Regierung übernommen haben, da sie keine eigenen hatten.

Ich glaube, daß die Unprofor- Leute die Warnungen vor einem bevorstehenden Angriff auf Goražde ignoriert haben, weil alle davon ausgehen, daß ein Teilungsplan in Kürze akzep

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tiert wird. Und Goražde war dabei nur eine verlorene Schlacht mehr. Jetzt versuchen sie, ihr Versagen zu vertuschen, indem sie die Bosnier beschuldigen, alles zu sehr hochgespielt zu haben.

Eine andere Geschichte, die man sich überall erzählt, ist, daß es Bosnier waren, die den SAS-Mann in Goražde umgebracht haben; sie hätten damit einen Nato-Luftangriff provozieren wollen. Jeder stellt hier die Motive von jedem in Frage, selbst unter uns ist das so. Mir wird die schwere Decke des Schweigens hier bewußt, unter der tausend Unterstellungen brodeln.

17. Mai Vor ein paar Tagen rief ein Mann bei Radio Zid an und sagte, daß der US-amerikanische Senat sich in einer Abstimmung für die Aufhebung des Waffenembargos ausgesprochen habe. Daraufhin ging ein großes Herumtelefonieren los, weil wir ja herausfinden mußten, was genau passiert war. Der Unprofor-Presseoffizier sagte, wir sollten uns nicht aufregen, das sei nur der erste Schritt auf einem sehr langen Weg. Dann riefen wir David Rieff in New York an. Der sagte ungefähr dasselbe. Und so kamen wir in der Eile erst mal zu dem Schluß, daß das Ganze mehr eine PR-Übung war, denn die Briten und die Franzosen würden dem nie zustimmen, und die USA müßten schon gegen die UN angehen, wenn sie sich mit dieser Entscheidung durchsetzen wollten.

Gestern abend hatten wir bei Radio Zid eine Party. Da ich ein paar Wochen wegfahre, beschloß ich, mein ganzes Essen und Trinken hinzuschleppen. Mit Trisha, die erst 17 ist, zog ich zum Schwarzmarkt, und wir kauften jede Menge Bier. Wir zogen eine herrliche Show ab, und die ach so klugen Radiomenschen sahen supercool aus, gingen von Raum zu Raum und filmten die Party. Sie sind wirklich eine tolle Truppe: der höflich-ironische Adi, der seine grüne Baseballmütze immer verkehrtherum trägt; Aida, das alte Blumenkind, mit ihrer eigenen Show über die Träume und Wünsche der Menschen; der schöne Vedran mit der Sonnenbrille, der immer so freundlich zu allen ist; Trisha, das Kind, das gleichzeitig ein Fels ist; Egon aus Grbavica, der nicht mehr nach Hause kann. Serviert wurde unter anderem Spinat aus Herrn Hikos Garten. Alle ziehen Gemüse in Balkonkästen und die meisten Parks sind zu Gemüsegärten geworden. Neulich aß ich bei Zlata doch tatsächlich Salat.

Der UN-Mensch, mit dem ich aus Sarajevo herausflog, meinte, daß alle Verhandlungen zusammengebrochen sind und man wieder da ist, wo man vor zwei Jahren angefangen hat.

4. Juni Auf den Märkten herrscht kein Mangel an Gemüse, und es gibt sogar Obst. Die Preise sind enorm gefallen: Tomaten kosten 5 Mark pro Kilo, der Preis einer Flasche Whisky ist auf 50 Mark gesunken; nur die Löhne (wenn sie überhaupt in Geld und nicht in Koupons oder ähnlichem ausgezahlt werden) liegen noch immer bei 3 bis 4 Mark. Überall sind Cafés aus dem Boden geschossen und stellen eine schreckliche Versuchung dar, nicht zur Arbeit zu gehen, sondern sich auf der Straße bei einem Bier zu sonnen. Die bosnische Regierung hat gerade ein Gesetz verabschiedet, nach dem kein Alkohol in Cafés verkauft oder ausgeschenkt werden darf. Angeblich, weil zu viele junge Männer Waffen tragen und damit, wenn sie betrunken sind, rumballern könnten. An der Breton-Potok-Linie, ganz bei uns in der Nähe, ist es wieder unruhig geworden. Gewehrschüsse und Artilleriefeuer.

15.Juni Wir sind gerade durch eine englische Version des Föderationsstrukturvorschlags gegangen. Vertreter von ethnischen Gruppen sind in jeder Institution vorgesehen, selbst bei den Gerichten. Schwer vorstellbar, wie politische Säuberungen da vermieden werden können.

Es war nicht richtig von uns, so leichthin eine Aufhebung des Embargos zu fordern. Im Laufe der letzten Woche haben die Deutschen, Österreicher, Türken und die USA ihren Druck verstärkt; Senator Dole war in Sarajevo und sprach über seine Kampagne zur Aufhebung des Embargos. Es wird immer deutlicher, daß das unter Umständen für die internationale Gemeinschaft der einfachste Weg aus dem Dilemma ist, falls die Serben die neuen Landkarten, die von der Kontaktgruppe kommen sollen, wieder ablehnen [was sie Anfang August trotz des Drucks der Milošević-Regierung in Belgrad in der Tat getan haben; Anm. d. Red.].

Der Iran hat seit drei Monaten eine Botschaft hier. Der iranische Botschafter sprach neulich im selben Atemzug von der humanitären Hilfe seines Landes und der iranischen Bereitschaft, auch Waffen und Soldaten bereitzustellen – wobei er mit Bitterkeit auf die Ablehnung der internationalen Gemeinschaft hinwies, die durchaus bereit war, statt dessen große Kontingente aus der Türkei und Pakistan zu akzeptieren.

29. Juni Hielten einen Zwei-Tage-Workshop über Menschen-, Minderheiten- und Kollektivrechte an diesem Wochenende ab. Die Beteiligung war größer als beim letzten Mal. Premierminister Haris Silajdzic kam, und auch UN und Unprofor waren gut repräsentiert. Die Atmosphäre war geladen – als ob die gerade stattgefundenen Wahlen die Vereinbarung von Washington besiegelt hätten und nichts mehr zu sagen wäre, nur viel zu fürchten. Vertreter der Regierung machten klar, daß die Vereinbarung eine Zwischenkriegsvereinbarung ist.

Der Hauptdiskussionspunkt lag darin, ob Vereinbarung und Grundgesetz nur zwei Völker – Bosniaken und Kroaten – als diejenigen benennen sollte, die die Föderation konstituieren, und die Serben als „andere“ kategorisieren. Das offizielle Argument dafür lautet, daß das Volk der bosnischen Serben sich bereits ein Territorium gesichert habe und diejenigen Serben, die innerhalb der Föderation verbleiben, deshalb nicht mehr eine Nation genannt werden können. Das Serbische Bürgerforum argumentiert, daß diese Haltung ethnisch gestützte Nationalismen akzeptiere und jeden Anspruch auf Pluralität und Integrität aufgebe – was sowohl die Vereinbarung als auch die Konstitution tatsächlich tun. Der Anteil der Serben innerhalb der Föderation ist nur geringfügig kleiner als der Anteil der Kroaten. Alle sind der Meinung, daß der Krieg weitergehen wird.

31. Juni Zdravko erzählt, daß die neueste Nummer der nationalistischen Zeitschrift Lilian ein ganzseitiges Interview mit dem amerikanischen Botschafter Jakovic hat, in dem er sagt, daß die Vereinigten Staaten für die Integrität Bosniens eintreten und seiner Meinung nach Sandzak zu Bosnien gehört! Von Anfang bis Ende wird es in diesem Krieg nur um eines gehen, nämlich Bosnien eine muslimische Identität aufzuzwingen. Die Ironie ist, daß die westlichen Staaten sowenig wie möglich getan haben, weil die Bosnier für sie immer Muslims waren. Und ihre ganzen Aktionen führten dazu, daß hier jetzt tatsächlich ein muslimischer Staat entsteht.

Radha ist Verbindungsmann der Helsinki- Bürgervereinigung in Sarajevo.