Schüsse am Berg Igman

■ Feuergefecht zwischen bosnischer Armee und französischen Blauhelmen

Split (taz) – „Die bosnischen Truppen scheinen sich nun tatsächlich aus dem Gebiet um den Berg Igman zurückzuziehen“, erklärte gestern ein UNO-Sprecher in Zagreb. Am Vortag hatte eine Schießerei zwischen französischen UNO-Truppen und der bosnischen Armee am Berg Igman zu Spannungen geführt. Die Bosnier behaupteten, die Blauhelme hätten auf eine abziehende Einheit der bosnischen Armee das Feuer eröffnet; der Feuerwechsel habe eine halbe Stunde gedauert, aber keine Opfer gefordert. Die UNO machte dagegen die Bosnier für den Zwischenfall verantwortlich.

Hintergrund für die Auseinandersetzung am Berg Igman bildet die strategisch wichtige Straße, die über den Paß bis zum Flughafen führt. Über diese Straße, die teilweise lediglich ein Feldweg ist, konnten seit der Eröffnung eines Fußgängertunnels im vergangenen Jahr Waren und Menschen in die bosnische Hauptstadt gelangen. Weder die serbische Seite noch die UNO-Truppen konnten diesen Zugang bisher vollständig kontrollieren. Deshalb ist die Straße über den Berg Igman bevorzugtes Ziel serbischer Scharfschützen. Die hier seit dem Juli 1993 bestehende demilitarisierte Zone sollte eingentlich von UNO-Truppen kontrolliert werden, in Wirklichkeit jedoch versuchten sowohl die bosnische Armee wie auch die serbisch- bosnischen Streitkräfte hier die Kontrolle zu erlangen.

Nach dem Angriff eines bosnischen Stoßtrupps auf eine Kommandozentrale der bosnisch-serbischen Armee, bei der vor zwei Wochen 20 Menschen getötet wurden, forderte die UNO den Rückzug der bosnischen Truppen aus diesem Gebiet. Nach anfänglichen Meldungen, der Rückzug sei schon erfolgt, zeigte sich aber, daß sich das Gros der bosnischen Truppen keineswegs zurückgezogen hatte. Die bosnische Regierung forderte von der UNO seitdem vergeblich, die Kontrolle über das Gebiet zu übernehmen und die Straße vor serbischen Angriffen zu sichern.

Unterdessen können die Blauhelme wieder auf eine normale Treibstoffversorgung hoffen. Nach der serbischen Zusage für die Beendigung der Blockade konnte die UNO 53 Tonnen Diesel nach Sarajevo bringen. Zu den während einer Pressekonferenz in Zagreb erhobenen Vorwürfen, das Ende der Blockade sei durch Treibstofflieferungen an die serbische Seite erkauft worden, wollte der UNO- Sprecher sich nicht äußern.