50.000 Kilometer russische Leitungen

■ Den Ölsee bestaunt der Laie, der Experte wundert sich nicht

Berlin (taz) – Solange man sie nicht zitiert, sagen auch westliche Ölexperten, daß sie sich „überhaupt nicht wundern, daß den Russen“ ab und zu „mal eine Pipeline platzt“. 50.000 Kilometer lang sind die Rohrleitungssysteme Rußlands, größtenteils verlaufen sie durch die sibirische Taiga und die arktische Tundra, unter denen die vermutlich größten Ölvorkommen der Welt schlummern. Sich selbst würden deutsche Experten eine umfassende Kontrolle unter den klimatischen Bedingungen auch nicht zutrauen. „Vermutlich gibt's da noch viel riesigere Öllachen als die, um die die Amis in Texas jetzt soviel Wind machen“, glaubt ein international erfahrener Manager.

Rußland ist hinter Saudi-Arabien und den USA das drittgrößte Ölförderland. 341 Millionen Tonnen wurden 1993 aus russischer Erde gepumpt. Während der inländische Verbrauch drastisch zurückgegangen ist, hat Rußland den Export beständig gesteigert. Schließlich ist Öl neben Erdgas ein wichtiger Devisenbringer. Die Forcierung des Exports sehen westliche Experten als zusätzliches Problem für die Haltbarkeit der Rohre: Sie sind für die Mengen, die nun in Richtung Westen fließen sollen, nicht groß genug ausgelegt.

Der Aufbau der Ölindustrie geht auf die Stalinzeit zurück. Möglichst schnell sollten möglichst große Mengen aus der Erde geholt werden. Wie viele Menschen in der arktischen Förderregion starben, wieviel Öl versickerte, wieviel Energie eingesetzt werden mußte, um das Öl zu fördern – all das war egal. Im Petschora-Flußtal entdeckten US-Amerikaner besonders alte Leitungen. So berichtete im Sommer ein US-Ölmanager: „Die Infrastruktur stammt teils noch aus den 30er Jahren. Hier etwas aufzubauen, ist schwieriger als in Regionen, die nicht erschlossen sind.“ Donata Riedel