: Der Mann & die Tröte
■ Perfektes Entertainment und ebensolche Bläsersätze mit Maceo Parker in der Fabrik
Einige, auf die Gassen von St. Georg tropfende Akkorde führen wie eine unsichtbare Spur zu Maceo Parker. Im Wintergarten des Hotels vertreibt er sich mit einigen Fingerübungen die Zeit zwischen lästigen Interviews. Noch immer bläst er lieber in sein Altsaxophon als in die aufgestellten Mikrophone der Journalisten. Obwohl er nun schon vor fünf Jahren unter dem weiten Mantel von James Brown auftauchte und in die schwergewichtige Riege der Bandleader aufstieg, würde Parker lieber weiter in der Obhut eines anderen stehen.
Bereits mit dem Titel seiner inzwischen vierten Solo-LP erinnert Parker an die treuen Vasallendienste, die er von 1964 bis 1989 mit einigen Unterbrechungen leistete. „Maceo, Blow!“ sprach der Gottvater einst und forderte ihn so unmißverständlich zum Solo auf. Immer wenn ihm nichts mehr einfiel, sollten Parker, Fred Wesley oder Pee Wee Ellis in die Bresche springen. Das schweißt zusammen. Als dann Brown wegen Drogenbesitz ins Gefängnis wanderte, gesellte sich Parker umstandslos mit dem Panzerknacker Wesley an der Posaune und dem Charmeur Ellis am Sopransaxophon in ein Kölner Studio. Wie seine Weggefährten und Altersgenossen Bobby Burd und Tony Collk nimmt er nun seine Platten in der treuen deutschen Funk & Soul-Gemeinde auf. „Zu Hause hat mich jeder schon mal beim Einkaufen getroffen, aber in Deutschland wirken die drei alten Kerle wie neu, wir haben hier viel Kredit bei den Leuten.“ Ein Kredit, der vor allem auf unermüdlichen Touren über die Dörfer basiert. Bei ihren ausufernden Auftritten zelebrieren Parker und seine Mannen Showbusiness der alten Schule, perfekt choreographiertes Entertainment in charmanter und verschwitzter Handarbeit. „Ich habe nicht gegen das Studio“, meint Parker und tätschelt sein Sax, „aber auf der Bühne entsteht viel mehr, es gibt immer eine Kommunikation mit dem Publikum.“
Zuletzt parlierten sie drei Tage mit dem Publikum der Fabrik. Diese Auftritte, bei denen auch der durchgeknallte George Clinton zu einem „C Jam Funk“ aufkreuzte, wurden zu einem mit Interviews angereicherten Konzertfilm geschnitten. Nachdem der Film auf diversen Filmfestivals die Runde gemacht hat, wird er im nächsten Jahr auch dem gemeinen Kino-Publikum vorgeführt. Doch es war abzusehen, daß Parkers unermüdliche Runden ihn bis dato noch mindestens einmal nach Altona führen werden. Wer also am Dienstag ein Saxophon in seiner Straße hört, kann getrost der Spur der Töne folgen.
Volker Marquardt
Dienstag, 1. November, Fabrik
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