Kein Asbeststaub gefunden

■ Kurt Reimers: 28 Jahre Klöckner, Asbestanzug, Lungenkrebs, Bein amputiert , mit 58 gestorben - keine Berufskrankheit, sagt das Gericht

„Die Berufung wird als unbegründet zurückgewiesen, eine Revision des Urteils wird nicht zugelassen“, lautete der Urteilsspruch von Richter Hofmann im Bremer Landessozialgericht. Zur Verhandlung gestanden hatte „Waltraud Reimers gegen die Norddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft“. Hintergrund des Rechtsstreites: Waltraud Reimers Mann, Kurt Reimers, ist 1988 im Alter von 58 Jahren gestorben. „An berufsbedingter Asbestose“, sagt seine Frau. „An einem Herz-Kreislauf-Versagen, ausgelöst durch eine Lungenarterien-Embolie“, sagt die Berufsgenossenschaft (BG), „einer schicksalsmäßigen Erkrankung, die nicht berufsbedingt ist“.

Kurt Reimers arbeitete von 1957 bis 1985 bei Klöckner in Bremen und trug asbesthaltige Schutzbekleidung. Die Hütte selbst hatte bestätigt, daß damals „Asbest-Staub-Einwirkungen bestanden“ haben. Kurt Reimers Krankheitsgeschichte: 1986 wurde Kurt Reimers ein Teil eines Lungenflügels entfernt: Krebs. Medizinisch gesehen war er danach geheilt, ist den Gutachten zu entnehmen. „Das entnommene Lungengewebe ist nicht auf Asbest untersucht worden“, kritisiert seine Frau. 1988 mußte Kurt Reimers ein Bein amputiert werden. „Typische Symptome von Asbest-Schädigungen“, sagt Fritz Iwohn. „Folgen seines Rauchens“, sagen die Gutachter.

Würde eine berufsbedingte Asbestose, die schleichende Zerstörung der Lunge durch feinste Asbestpartikel, bei Kurt Reimers anerkannt, müßte die BG seiner Frau Witwenrente zahlen – etwa 2.000 Mark im Monat. Die Urteilsbegründung der Richter: „Aufgrund der medizinischen Gutachten spricht fast alles gegen eine berufsbedingte Asbestose.“ Insbesondere die Professoren Braun und Müller aus Bochum seien in ihrem Gutachten eindeutig zu dem Ergebnis gekommen: keine Asbestose. Bei der Obduktion habe Dr. Kösling „bei Kurt Reimers nur 2 Asbestpartikel in einem ccm Lungengewebe gefunden“. Das sei sogar weniger, als die mittlerweile normale Belastung des Durchschnitts-Bundesbürgers mit 9 bis 13 Asbestpartikeln.

Raunen im Publikum: Dort sitzen Heiko Radloff, Sprecher der Asbestose-Selbsthilfegruppe Vegesack, und Reimers Nachbar, der Arbeitskollege Fritz Iwohn. „Kurt hat also 25 Jahre mit Asbest gearbeitet und soll weniger belastet sein als Menschen, die nichts mit Asbest zu tun haben?“, empört sich Radloff. „Der Professor Müller ist doch bekannt dafür, daß er kein Asbest findet“.

Iwohn dazu: „Wenn das stimmen soll, dann muß der Kurt 25 Jahre lang bei der Arbeit nicht geatmet haben“. Elke Gundel