Bremer FDP-Führung schweigt zu Wahlverlust

■ Nur Ortsverein fordert Sonderparteitag

Während der Bremer FDP-Landesvorstand bisher noch keine Erklärung zum Einbruch der Partei bei den Bundestagswahlen am 16. Oktober und den Querelen um den nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Jürgen W. Möllemann abgegeben hat, wurde gestern aus dem Unterbau der Bremer Partei der Ruf nach einem außerordentlichen Bundesparteitag noch vor dem Abschluß der Koalitionsverhandlungen laut.

„Es kann nicht sein“, erklärte die FDP-Direktkandidatin im Wahlkreis Bremen-Ost, Merve Pagenhardt, „daß die Bonner Abgeordneten agieren, ohne die notwendige Anbindung an die Länder und die Kommunen zu haben.“ Und die Vorsitzende des Ortsvereins Schwachhausen, Antje Menke, ergänzte: „Nur so wird es uns gelingen, in den nächsten Jahren wieder Tritt zu fassen.“

Mit dieser Stellungnahme hat sich der Schwachhauser FDP-Ortsverein Erklärungen angeschlossen, die in Hamburg und Schleswig-Holstein bereits auf Landesebene gefaßt wurden. Auch der Bremer Landesvorstand hatte zwar gleich am Tag nach der Wahl gemeinsam mit der Bürgerschaftsfraktion über den Wahlausgang beraten, Ergebnisse gab es dabei jedoch nicht. Erst am Buß- und Bettag wollen Landesvorstand und Fraktion auf einer erneuten Klausurtagung konkrete Beschlüsse fassen. Dann wird in Bonn aber der Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU bereits beschlossene Sache sein.

Innerhalb der FDP werden verschiedene Gründe für diese offensichtliche Zurückhaltung der Bremer Parteiführung gesehen. Zum einen ist der Landesvorsitzende Manfred Richter als noch amtierender parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion voll in das Bonner Geschehen eingespannt und steht für Bremer Diskussionen kaum zur Verfügung. Außerdem ist der Landesvorstand dadurch behindert, daß er zum Großteil aus Mitgliedern der Bürgerschaftsfraktion besteht, die stark in die Loyalitäten der Bremer Ampelkoalition eingebunden sind.

Und schließlich ist der parteiinterne Linienstreit im Sommer durch eine klare Mehrheitsbildung vorerst beendet worden. Die Vertreter einer stärkeren Annäherung an die CDU waren dabei den Befürwortern einer Fortsetzung der Ampel-Zusammenarbeit bis zu den Wahlen im September '95 unterlegen und haben sich seitdem frustriert zurückgezogen.

Ein Aufruhr der Basis angesichts der Erstarrung in der Parteiführung wird allerdings nicht erwartet. „Die Basis kommt, wenn Leute an der Spitze mit viel Power etwas in Bewegung setzen“, meint zum Beispiel Merve Pagenhardt. Aber selbst bei den Jungen Liberalen herrsche in Bremen seit Monaten nur Funkstille.

Der stellvertretende Landesvorsitzende Axel Adamietz sieht die Situation weniger zugespitzt. „Die FDP ist auch in Bremen besser als ihr Ruf“, meint er und fordert eine Verstärkung der zarten Diskussionsansätze, die es bisher in den Ortsvereinen und Bezirken der Partei gab. Dabei gehe es um eine „inhaltliche Selbstvergewisserung“, nicht aber um die Entwicklung eines neuen Profils. Adamietz: „Profilsuche ist Profilneurose.“ Unter dem gegenwärtigen Druck sei eine Änderung der FDP-Politik allein um der Änderung willen die schlechteste Konsequenz. Und Parteichef Klaus Kinkel verdiene jede Unterstützung: „Genscher hat schließlich auch viele Jahre gebraucht, bis er anerkannt war.“ Ase