Mann erforscht Mann

■ Dunkelfeld „Women's Health“: Frauen-Gesundheitsforschung soll verstärkt werden

Die Frau, das unbekannte Wesen: Mitnichten soll es hier um die Stammtischsprüche puschenbewehrter Ehemänner oder eine Retrospektive der Oswalt-Kolle-Aufklärungsfilme gehen. Doch für die Gesundheitsforschung gilt dieser Spruch noch immer: Die medizinische Forschung der letzten 30 Jahre wurde nicht nur von, sondern zumeist auch nur über Männerkrankheiten gemacht. „Frauen sind in den Studien, in die Milliarden an Forschungsgeldern geflossen sind, nicht repräsentiert“, kritisierte Dr. Ulrike Maschewsky-Schneider vom Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS).

Rund 70 internationale WissenschaftlerInnen kamen gestern auf dem vom Bundesministerium für Forschung und Technologie geförderten „Symposium zur gesundheitlichen Situation von Frauen“ zusammen, um eine Bestandsaufnahme der Frauengesundheitsforschung in Deutschland zu erstellen. Ihr Resumee: Frauen werden hierzulande zwar durchschnittlich sieben Jahre älter als Männer, bekommen im mittleren Alter seltener einen Herzinfarkt, gehen öfter zum Arzt und werden dort anders behandelt – aber niemand weiß warum. Während die Herz-Kreislaufforschung weit fortgeschritten ist, kennt noch kein Mediziner die Risikofaktoren für die Frauenkrankheit Nummer 1 – den Brustkrebs. Die Forderung der WissenschaftlerInnen: Die Frauengesundheitsforschung muß ausgebaut und institutionalisiert werden und einen festen Platz in der sozialmedizinischen Arbeit bekommen.

Die Schwerpunkte für die nächsten Jahre sollen zum Beispiel Themen wie die Haupttodesursachen von Frauen, Verbreitung von AIDS, Medikamentenabhängigkeit, Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen und ein Ost-West-Vergleich sein. Eine gestern vorgestellte Studie zeigt nämlich, daß die hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern nach der Einheit bei Frauen zu starker psychosozialer Belastung und geringerem Selbstwertgefühl geführt hat; das Herzinfarkt-Risiko ist demnach für sozial isolierte Frauen größer als für Frauen mit ausreichender sozialer Unterstützung und Einbindung in Beruf und Familie.

Diese deutsch-deutsche Studie ist im Felde der institutionalisierten Forschung noch immer ein Ausnahmefall; meist werden solche Untersuchungsfeldern von Frauen übernommen, die in Projekten und ungesicherten Arbeitsverhältnissen arbeiten – dies verhindert Kontinuität, so Maschewsky-Schneider. In den USA hingegen sieht das schon anders aus: Exemplarisch wurde die weltweit größte Frauengesundheitsstudie vorgestellt, die „Women's Health Initiative“. Sie untersucht Risiken und Schutzfaktoren für Brust- und Darmkrebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie Osteoporose.

Wichtiger Aspekt für die WissenschaftlerInnen ist, daß die Forschung nicht nur medizinisch angegangen wird; eine große Rolle soll die Gesundheitsförderung spielen. Und das heißt, auch das psychosoziale Umfeld mitzubetrachten wie Arbeitsplatz, Existenzsicherung oder Möglichkeiten der Kinderbetreuung. skai