Rumpfelf gegen Einfalt

■ Werder gewann mit viel Dusel 2:0 gegen die harmlosen Frankfurter

Tragische Minuten im Weserstadion: Als nach dem Spiel gegen die Frankfurter Eintracht der Ex-Werderaner Thorsten Legat vor die Mikrophone trat, da merkten die Bremer Fans, was sie an dem Mann verloren haben. Legat ist nicht mehr als ein mittelmäßiger Fußballer, aber dafür ein begnadeter Entertainer. Das Reden in ganzen Sätzen fällt ihm trotz der Nähe zum Chefrhetoriker unter den Trainern Heynckes immer noch noch schwer, aber mit Aussagen wie „Wir haben doch über 80 Minuten das Spiel dominiert, sag ich mal“ könnte er ganze Fußballstadien unterhalten. Ein echter Komiker.

2:0 hatte Werder die Frankfurter da gerade abgebürstet. Zweimal hatten Wynton Rufer und Wladimir Bestchastnikh zugeschlagen, zweimal hatte Rufer aus einer ruhenden Situation heraus eine Schnibbelflanke schlagen können, zweimal ließ die Frankfurter Abwehr den russischen Stürmer nahezu unbedrängt einlochen. Auch wenn beide Tore aus ruhenden Situationen entstanden waren – sie symbolisieren den Unterschied im Spiel der beiden Mannschaften am Samstag nachmittag. Werder wollte gewinnen. Das konnte man den Frankfurtern nicht unbedingt nachsagen. Werder, da rannten alle um den Sieg, auch wenn die Mannschaft reichlich Mängel hatte. Frankfurt, das war gefällig, aber ohne Biß und deshalb auch wirkungslos.

Auf dem Papier waren die Frankfurter den Bremern weit überlegen. Die einen hatten alle Mann an Bord, sogar die Ersatzbank war bärenstark besetzt, bei Werder dagegen fehlten fünf Stammspieler, darunter die Kreativlinge Andreas Herzog und Masio Basler. Doch entscheidend waren am Samstag nicht die großen Namen, sondern die Unterschiede in der Einstellung der Mannschaften. Beide spielten im Prinzip munter nach vorne, auch wenn sie sich reichlich Pausen gönnten. Aber während sich aber bei Werder Wynton Rufer in der ungewohnten Rolle des Spielmachers sensationell bewährte - der Mann schien das Laufen wiedererlernt zu haben – trabten die Frankfurter Mittelfeldstrategen rund um den Mittelkreis. Engagemant gegen Lustlosigkeit. Bei Maurizio Gaudino hatte man nie den Eindruck, daß er seine schöpferische Krise überwunden hätte, Manfred Binz traute sich so gut wie nie aus seiner Wackelabwehr heraus, Thomas Doll bemühte sich redlich, aber meist erfloglos. Kein Wunder: Das Bremer Mittelfeld griff die Frankfurter Strategen an, wenn die den Ball führten, während die Frankfurter ihrerseits den Bremern reichlich Freiheiten gönnten. Rufer konnte fast nach Belieben schalten und walten.

So war der Frankfurter Sturm weitgehend auf sich allein gestellt, während der Bremer ab und an gefüttert wurde. Aber was heißt schon Sturm. Hüben wie drüben dasselbe Bild: Je ein Klassestürmer, Yeboah und Bestchastnikh, und je ein Totalausfall, Furtok und Bester. Marinus Bester kann man wenigstens noch die mangelnde Spielpraxis zugute halten, aber warum Jan Furtok immer wieder auf den Platz geschickt wird, das bleibt das Geheimnis von Heynckes. Furtok ist ein Sinnbild des Frankfurter Tordrangs: Ballverluste, Harmlosigkeiten zuhauf, und dazu vergab er eine hundertprozentige Chance zum Ausgleich noch in der ersten Halbzeit. Knapp daneben ist auch vorbei. Da mochte der Kollege Dickhaut nicht nachstehen. Nachdem in der zweiten Halbzeit Olli Reck an einer Flanke vorbeigetreten hatte, erbarmte es den Frankfurter derart, daß er nicht etwa ins leere Werder-Tor köpfelte, sondern in die Arme des Bremer Keepers. Frankfurter Sturmbemühungen sahen im Ansatz immer brandgefährlich aus, in der Ausführung allerdings war das die pure Einfalt.

Dabei hatte Werder doch reichlich zum Toreschießen eingeladen. Als nach einer halben Stunde die Frankfurter aufgewacht waren, hatte sich die Werder-Deckung in einen Hühnerhaufen verwandelt. Bis weit in die zweite Halbzeit hinein gab es immer wieder Herzschlagsituatuionen im Bremer Strafraum, doch es war ja die Frankfurter Eintracht, die sich im Toreschießen versuchte – da war nichts, denn Antony Yeboah, der einzige torgefährliche Stürmer, war meist abgeschirmt.

Am kommenden Sonntag fährt Werder zum Knaller-Spiel nach Dortmund. Bis dahin muß sich Otto Rehhagel noch einiges einfallen lassen, denn da sind die Furtoks eher rar. Von der drohenden Völkerschlacht gegen Rotterdam ganz abgesehen. Die Frankfurter dagegen dürfen am Samstag das Toreschießen nochmal üben. Da kommt Bochum in's Waldstadion.

J.G.