: Das neue Gesicht der Europäischen Kommission
■ Am Samstag bestellte Jacques Santer 21 zukünftige EU-Kommissare / Wulf-Mathies ab Januar verantwortlich für das Ressort Regionalhilfen
Luxemburg (taz) – Die Nacht der langen Messer war kurz nach dem Nachmittagstee schon zu Ende. Um 17.10 Uhr verließen die 21 künftigen Kommissare der Europäischen Union friedlich das Luxemburger Jagdschlößchen Senningen, ohne sichtbare Stichwunden. Der designierte Kommissionspräsident Jacques Santer war mit sich zufrieden. Die Ressortverteilung in der Kommission war ohne das früher übliche Gemetzel geschafft.
Die ehemalige ÖTV-Chefin Monika Wulf-Mathies, die ab Januar in Brüssel für das Ressort Regionalhilfen und Kohäsionsfonds verantwortlich sein wird, strahlte über das ganze Gesicht. Martin Bangemann blieb als alter und neuer Kommissar für Industrie und Informationstechnologie zwar ungeschoren, schaute aber trotzdem düster drein, denn er wurde zur Zusammenarbeit mit der französischen Kommissarin für Forschung und Entwicklung verdonnert. Nur Sir Leon Brittan war so richtig sauer. Sechs Stunden lang hatte der Brite vergeblich darum gekämpft, seine alte Machtfülle aus der Zeit unter Jacques Delors zu retten. Kurz nach 17 Uhr sprach Santer dann das Machtwort. Sir Leon behält die Zuständigkeit für die wichtigen Beziehungen zu Nordamerika, Japan und China. Doch für die Beziehungen zu den mittel- und osteuropäischen Staaten ist künftig der Holländer Hans van den Broek zuständig.
Auch mit der Besetzung anderer Ressorts zeigte Santer, daß er eine Kommission will, in der ausgewiesene Fachleute für ihre Sache kämpfen und nicht desinteressierte Kommissare nach dem Weg des geringsten Widerstandes suchen. Im Umweltressort ist künftig die kämpferische Dänin Ritt Bjerregard zuständige Kommissarin, in der Fischereipolitik der Norweger Thorwald Stoltenberg und in der Agrarpolitik der Österreicher Franz Fischler. Für die Außenbeziehungen werden anstelle von drei nun fünf Kommissare zuständig sein. Der Portugiese Joao de Deus Pinheiro wird etwa Kommissar für Afrika und die Karibischen Staaten.
Um Konflikte im Kommissionskollegium gering zu halten, hat Santer Schwerpunktgruppen gebildet. So muß sich Industriekommissar Martin Bangemann beispielsweise bei der Technologiepolitik künftig mit der französischen Wissenschaftskommissarin Edith Cresson absprechen. Die beiden haben recht unterschiedliche Vorstellungen. Cresson fordert staatliche Finanzspritzen für die Zukunftsindustrien, Bangemann sieht die Aufgabe der Kommission in der Koordinierung privatwirtschaftlicher Investitionen. Sie werden sich zusammenraufen müssen. Alois Berger
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