Notlösungen für Notfälle

■ Zahl der bosnischen Kriegsflüchtlinge steigt / Seit Juni 500 Menschen pro Monat / Bunkerunterbringung noch bis Dezember Von Sannah Koch

Der Ansturm ist groß und die Menge der Einzelprobleme ebenso: Wie das Problem der 122 bosnischen Flüchtlinge in einer Duvenstedter Wohnwagensiedlung. Die weigern sich zur Zeit, in die von der Sozialhörde bereitgestellte Containerunterkunft in Ohlstedt umzuziehen (taz berichtete). Heute sollen sie ihre Wohnwagen räumen – doch die Flüchtlinge wollen in ihrer vertrauten Umgebung bleiben. „Ein besseres Angebot können wir nicht machen“, kommentiert Behördensprecherin Christina Baumeister den Protest der Bosnier.

Nicht von ungefähr: Wie Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel gestern berichtete, hat sich die Unterbringungssituation der Bürgerkriegsflüchtlinge in Hamburg seit Juni dieses Jahres erneut zugespitzt: Bis zu 500 Ex-Jugoslawen reisten seitdem monatlich ein, insgesamt fast 11.500 leben derzeit in Hamburg.

Mit Gewalt wird die Behörde aber nicht auf die Weigerung der Duvenstedter Flüchtlinge reagieren – doch mit Verständnis können diese auch nicht rechnen: „Die Fläche muß zum Jahresende für Wohnungsbau geräumt werden, und Ohlstedt ist die beste Alternative“, so Baumeister. Das findet eine Bürgerinitiative, die sich mit den Flüchtlingen solidarisiert, jedoch keineswegs: Sie beklagt den schlechten Zustand der Ohlstedter Container und hat dort überdies auch noch Kakerlaken entdeckt. „Die haben die falschen Unterkünfte besichtigt“, kontert Baumeister. Die bereitgestellten Container seien selbstverständlich renoviert und gesäubert worden. Sollten die Bosnier den Umzug aber weiter verweigern, werde man sie zum Jahresende wohl nicht mehr gemeinsam, sondern über die ganze Stadt verteilt unterbringen müssen.

Unter wirklich beklagenswerten Bedingungen müssen hingegen andere Ex-JugoslawInnen leben: Bis zu 30 Menschen werden noch immer im fensterlosen unterirdischen Luftschutzbunker am Kajen gegenüber der Speicherstadt einquartiert – den sie zudem tagsüber räumen müssen. Für den Ernstfall und nur für eine Nacht war diese Unterkunft für Alleinreisende vorgesehen, wegen der Engpässe des Sommers wurden es für einige Menschen schließlich bis zu drei Wochen. Darunter sogar Familien, wie Christina Baumeister einräumt.

„Eine absolute Notlösung“, sagt auch die Sozialsenatorin. Sie versprach, daß der Bunker zum Januar '95 ausgedient haben wird. Eine Umverteilung der BosnierInnen soll für Entspannung sorgen: Im Zuge einer von der Innenminsterkonferenz beschlossenen „Sofortmaßnahme-Regelung“ werden schon im November 700 neue Kriegsflüchtlinge nach Schleswig-Holstein und in die fünf neuen Bundesländer geschickt.