■ Cash & Crash
: Der Dollar zerrinnt

Berlin (taz) – Der wirtschaftliche Optimismus in den Vereinigten Staaten ist ungebrochen. Die Konjunktur läuft und läuft, die Wachstumsrate lag im dritten Quartal 1994 bei 3,4 Prozent – eine Zahl, von der europäische Länder nur träumen können. Nur einer spielt nicht mit, und das ist der Dollar.

Seit sieben Jahren, seit der Dollar von dem Reaganschen Höhenflug von 3,20 Mark auf etwa 1,60 Mark abstürzte, sagen Finanzexperten eine Erholung der US-Währung voraus. Fehlanzeige. Gestern trudelte der Dollar wieder unter die 1,50-DM-Marke. Daran konnte auch die fünfmalige Anhebung der kurzfristigen US-Zinsen – seit Jahresbeginn von 3,3 auf 5,6 Prozent – nichts ändern. Seltsam eigentlich, denn nach landläufiger Lehrmeinung ziehen hohe Zinsen Kapital aus aller Welt an, und diese höhere Nachfrage treibt wiederum den Preis der Währung hoch.

Nicht daß die Unterbewertung des Dollars der US-Regierung ungelegen käme, ist der billige Greenback doch die einfachste Weise, Exporte zu fördern und Importe, zumal aus Japan, zu bremsen. Aber das erklärt noch lange nicht, warum denn der Dollar bloß so billig ist.

Die Antwort verbirgt sich hinter der Inflation. Real gesehen, also unter Abzug der Preissteigerungsrate von etwa drei Prozent, sind die US-Zinsen nämlich mitnichten besonders hoch, verglichen mit Japan (null Inflation, aber 2,3 Prozent Zinsen) und Deutschland (knapp drei Prozent Inflation und 5,2 Prozent Zinsen). Vor allem die Erwartungen über den künftigen Preisauftrieb arbeiten gegen den Dollar. Einige Analysten unken schon über fünf Prozent Inflation im kommenden Jahr, denn die US-Amerikaner konsumieren hemmungslos und verschulden sich dafür immer weiter; das gilt für private ebenso wie für öffentliche Haushalte. Ein Ende des Wachstums wegen finanzieller Auszehrung sehen Pessimisten voraus. Mögliche Investoren lassen deshalb lieber die Finger von den Dollars, weil ihnen letztere buchstäblich zwischen ersteren zerrinnen könnten.

Und warum ist das alles so wichtig? Ganz einfach, weiß das Handelsblatt: Weil nämlich „ein schwacher Dollar gleichzeitig starke D-Mark bedeutet, was grundsätzlich gut für die deutsche Börse ist, aber nur dann, wenn der Dollar nicht zu schwach und die D-Mark nicht zu stark ist, weil das sonst nicht gut für die amerikanische Börse ist, und wenn es der nicht gutgeht, dann ist das auch nicht gut für die deutschen Börsen ...“ Alles klar? Nicola Liebert