In Niedersachsen darf wieder bespitzelt werden

■ SPD kippt rot-grünes Verfassungsschutzgesetz

Hannover (taz) – Der niedersächsische Verfassungsschutz darf künftig wieder ganz einfach Wanzen, V-Leute und andere nachrichtendienstliche Mittel einsetzen. Das niedersächsische Landeskabinett beschloß gestern eine erneute Änderung des unter Rot-Grün reformierten Verfassungsschutzgesetzes. Der Änderungsentwurf der SPD-Alleinregierung sieht vor, daß der niedersächsische Verfassungsschutz wieder bei allen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen nachrichtendienstliche Mittel einsetzen darf.

Aus dem von Rot-Grün reformierten Gesetz wird jene Klausel gestrichen, die die Geheimdienstmethoden nur bei „aktiv kämpferischem, aggressivem Verhalten“ gegenüber den Verfassungsgrundsätzen erlaubte. Der Geheimdienst des Landes soll künftig außerdem alle Aktivitäten ausforschen dürfen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker richten.

Ausschlaggebend für die Gesetzesänderung der SPD-Regierung war ein von den Republikanern angestrengtes Gerichtsverfahren gegen das Land Niedersachsen. Im Urteil untersagte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg eine Beobachtung der Reps durch den Verfassungsschutz.

Nach Auffassung der Grünen hat das Land den Prozeß allerdings absichtlich verloren, um so eine Verschärfung des Verfassungsschutzgesetzes zu rechtfertigen. Das Verfahren war zugunsten der Reps ausgegangen, weil das Innenministerium ein halbes Jahr lang nicht imstande war, neues Material über die Rechtsaußen-Partei an das Oberverwaltungsgericht zu schicken.

„Um das Verfahren gegen die Reps zu gewinnen, hätte man dem Gericht nur ein Bündel Zeitungsausschnitte zusenden müssen“, monierte der grüne Landtagsabgeordnete Jürgen Trittin gestern.

Trittin kritisiert auch die Ausweitung der Kompetenzen des Geheimdienstes auf Bestrebungen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Diese Generalklausel gebe dem Verfassungsschutz faktisch die Möglichkeit, jede ausländische Exilorganisation zu beobachten. Jürgen Voges