■ Linsen Soufflé
: Drehbücher, Dollars und Videogames

Verkehrte Welt. Daß Videospiele gleich nach dem Start eines vorprogrammierten Blockbusters die Nintendo-Verkaufsstände überfluten, ist ein alter Hut. Mittels Joystick dürfen die Kids dann „Jagd auf Roter Oktober“ machen, mit „Indiana Jones“ Schätze ausbuddeln oder im „Jurassic Park“ vor dem T-Rex fliehen. Doch jetzt macht sich ein umgekehrter Trend breit: Stumpfsinnige Videogames liefern die Vorlage zu neuen Spielfilmen. Der Präsident der japanischen Videospielfirma Capcom, Kenzo Tsujimoto, investiert gerade 40 Millionen Dollar in die Produktion eines auf dem Erfolgstitel „Streetfighter“ basierenden Kinofilms und (natürlich) einer Fortsetzung des Spiels. Tsujimoto kaufte sich den amerikanischen Erfolgsproduzenten Edward R. Pressman („Die Krähe“), den Haudegen und neuen Action-Superstar Jean- Claude Van Damme und den Drehbuchschreiber Steven E. de Souza („Stirb Langsam“). Die Schauspieler sind nicht nur im Film, sondern auch im neuen Spiel dabei. Um die Stars zu digitalisieren und damit zu konservieren, müssen sie ungefähr 100 Bewegungsstudien abliefern – es gibt schon miese Jobs. Selbstverständlich wird es von der Entdeckung der Belanglosigkeit auch eine CD-ROM-Fassung geben. Auch aus dem überaus gewalttätigen und bei schlichten Gemütern sehr erfolgreichen „Mortal Kombat“ wird ein Film gestrickt. Der britische Regisseur Paul Anderson („Shopping“) soll dieses Wir-retten-die-Welt-indem-wir- alle-Bösen-abknallen-Spektakel vom Monitor auf die Leinwand transportieren. Der alte „Highlander“ Christopher Lambert wird einen unsterblichen Donnergott geben, und die Oscar- gekrönte Computereffekte-Firma R. Greenberg Associates („Der Tod steht ihr gut“) ist für die ganzen Whow!-Szenen und den übrigen Firlefanz zuständig.

Neben Gewalt, Effekten und Videos dreht sich in Hollywood wie immer alles um den schnöden Mammon. Die Drehbuchautoren, die bis vor ein paar Jahren noch nicht so richtig absahnen konnten, haben inzwischen ihren festen Platz am Fleischtopf und hauen ordentlich rein. Megaschreiber Joe Eszterhas („Basic Instinct“), der schon bislang höchstbezahlte Autor Hollywoods, hat gerade einen neuen Rekord aufgestellt: Für sein vierseitiges (!) Treatment zu „One Night Stand“ erhält er von Ted Turners New Line Cinema insgesamt vier Millionen Dollar. Der Kauf ist bereits der zweite Wahnsinnsdeal von New Line. Letzten Juli kaufte sie von Shane Black das Drehbuch für „The Long Kiss Goodnight“ ebenfalls für vier Millionen. Eigentlich wollten sich die Studiobosse ja etwas zurückhalten, nachdem die 100-Mio.- Dollar-Produktionskosten-Grenze erreicht war. Aber davon spricht heute keiner mehr. Die Kosten für Universals SciFi- Abenteuer „Waterworld“ mit Kevin Costner z.B. sind mittlerweile völlig außer Kontrolle geraten und auf 135 Mio. angewachsen. Darin enthalten: sechs Millionen Dollar für den Bau einer Landebahnverlängerung. Damit ein Spezialflugzeug auf Hawaii landen konnte, spendierten die Filmemacher dem Inselflughafen kurzerhand 300 Meter Asphalt. Karl Wegmann