Belohnte Schlamperei?

■ Bündnis 90/Grüne werfen Kultursenator Roloff-Momin vor, die Deutsche Oper zugunsten der Staatsoper aufs Spiel zu setzen

Heute wird im Unterausschuß über den Doppelhaushaltsplan 1995/96 für die Opern und Orchester der Stadt beraten. Zur Abstimmung steht unter anderem ein Entwurf, den der kulturpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Albert Eckert, als „betrügerisch“ bezeichnet.

Es geht um die Subventionen für die Staatsoper. Bis Ende dieses Jahres werde dieses Haus ein Defizit von vier bis fünf Millionen Mark aufweisen, sagt Eckert, und der Kultursenator versuche dieses Defizit zu decken, während alle anderen Opern und Theater Berlins Einsparungen bis über die Schmerzgrenze hinaus zu erdulden hätten.

Der Etat-Posten, um den es geht, ist der für „planmäßige ArbeiterInnen“. 1994 sind dafür 19,4 Millionen Mark zur Verfügung gestellt worden. Nach einer Hochrechnung der Staatsoper werden davon lediglich 17,6 Millionen Mark benötigt. Dennoch hat die Oper für 1995 20,5 Millionen Mark gefordert. Überraschenderweise geht der Haushaltsentwurf nicht nur auf diese Forderung ein, sondern sieht gar 23 Millionen Mark vor – 5,4 Millionen Mark mehr für planmäßige ArbeiterInnen. Da die Staatsbühnen ihre Zuwendungen im nächsten Jahr erstmals eigenständig verwalten können, ließe sich mit dieser Summe also auch ein Defizit in einem anderen Bereich ausgleichen. Eckert kritisiert an diesem „linkischen Trick“ nicht nur die Heimlichkeit, mit der das diesjährige Defizit der Staatsoper von der Koalition gedeckt werden solle, sondern auch die Ungleichbehandlung der Deutschen Oper. Denn während Staatsopernintendant Georg Quander für seine Mißwirtschaft belohnt werde, werde sein „korrekt wirtschaftender“ Westberliner Kollege Götz Friedrich, der die künstlerische Arbeit am Hause notwendigerweise beschneiden muß, „in eine Existenzkrise getrieben“.

Was Albert Eckert damit andeutet, ist, daß die Deutsche Oper auf der Abschußliste steht. Der derzeitige Senat werde sich mit einer weiteren Theaterschließung wohl nicht weiter kompromittieren wollen, aber die nächste Regierungsbildung steht ja schon im Herbst 1995 bevor.

Und daß eines der großen Häuser geschlossen werden muß, hält Eckert für ausgemacht. Wie anders könnte der Kultursenator (dieser oder der nächste) die Auflagen erfüllen, die die „Nachschiebeliste“ des Doppelhaushaltsentwurfs vorsieht: zusätzliche Einsparungen von insgesamt 50,6 Millionen Mark!

Die Opernetat-Kalkulierungen, auf die Eckert sich bezieht, wurden allerdings als Hundert-Prozent- Beträge angegeben – mit dem Vermerk, daß der Staatsoper (wie allen im Osten gelegenen Berliner Theatern) auch im nächsten Jahr nur 88,7 Prozent davon ausgezahlt werden.

Von den 23 Millionen für „planmäßige ArbeiterInnen“, die Eckert moniert, würde die Staatsoper entsprechend also lediglich rund 20,5 Millionen erhalten – also genau den Betrag, den die Oper für 1995 gefordert hat.

Dem Kultursenat vorzuwerfen wäre also lediglich, daß mehr bewilligt wird als in diesem Jahr verbraucht wurde. Auch dieses Geld könnte natürlich zur Defizitkompensation verwendet werden, insgesamt schwächt das die Dramatik des Vorwurfs von Bündnis 90/ Die Grünen jedoch ab.

Während Kultursenatssprecher Rainer Klemke auf Nachfrage die 88,7-Prozent-Regelung für 1995 noch einmal bestätigt, beharrt Eckert allerdings darauf, daß den einzelnen Häusern schließlich auch zur Verfügung stehen würde, was im Haushaltsplan vorgesehen sei. „Was die davon bekommen, ist letztlich eine Verhandlungssache.“ Die Forderung nach einer Entlassung Quanders hält die Fraktion aufrecht. Petra Kohse