Schnellster Knast

■ In Mecklenburg wird erster deutscher Knast von privaten Investoren gebaut

Berlin (taz) – Not macht erfinderisch. In Mecklenburg-Vorpommern haben die Bauarbeiten für den ersten Knast in Privatbesitz begonnen. Schon im Herbst 1996 sollen 234 Männer in die neue Haftanstalt in Waldeck bei Dummerstorf einziehen. Das Gebäude könnte dann als der „schnellste Justizbau seit Bestehen der Bundesrepublik“ in die Annalen der Geschichte eingehen. Für die Baudauer sind höchstens zwei Jahre veranschlagt.

Was für das Land in diesem Tempo unmöglich gewesen wäre, macht die private Investorengruppe Wegner & Kludt aus Hamburg möglich. Die Gesellschaft, seit 1976 im Bau von privaten Wohn- und Gewerbezentren tätig, bringt die veranschlagten Baukosten von rund 50 Millionen Mark auf, die später den Mietvereinbarungen mit dem Land zugrunde gelegt werden sollen. „Dieses Verfahren beschleunigt den Bau“, so Behördensprecher Michael Bauer. Die Miete von seiten der Landesregierung fließt erst mit der Fertigstellung des Gebäudes. Da außerdem durchschnittlich 40.000 Mark pro Haftplatz gespart würden, findet diese Planungsweise auch den Beifall des Landesrechnungshofes. Statt 300.000 bis 350.000 Mark pro Haftplatz kalkuliert man in Mecklenburg mit 280.000 Mark. „Es ist schwer zu verstehen, warum das Verfahren nicht schon lange angewendet wird“, so Behördensprecher Bauer.

Vor allem im Bereich der Justiz hat die mecklenburgische Landesregierung auch bisher schon private Firmen beauftragt, öffentliche Gebäude zu errichten, unter anderem das Rostocker Amtsgericht. Denn die Justizgebäude zählten nach der Wende zu den verkommensten Liegenschaften. Andererseits hatte die Justizreform, vor allem die Einführung von Fachgerichten, den Bedarf an Räumen dermaßen erhöht, daß der Landeshaushalt vor den anstehenden Ausgaben kapitulierte.

Dabei müßten die fünf von zwölf Knästen, die nach der Wende in Betrieb blieben, dringend umgebaut werden. 1.100 Gefangene leben darin. In Zukunft könnten auch andere Knastneubauten durch Private errichtet werden. Ein privates Betreiben der Justizvollzugsanstalten schließt Behördensprecher Bauer vorerst aus. „Zwar wird darüber nachgedacht. Aber das deutsche Gesetz läßt das nicht zu.“ Eva Rhode