Vom Frieden reden, an Krieg denken

■ Rechtzeitig zu UNO-Beratungen schwere Kämpfe in Somalias Hauptstadt

Nairobi (taz) – Heute entscheidet der Weltsicherheitsrat über die Zukunft der militärischen UN- Operation in Somalia. Großer Handlungsspielraum bleibt dem Gremium nicht: Eine Verlängerung des Mandats über März 1995 hinaus ist gar nicht im Gespräch – und wesentlich früher lassen sich die noch immer rund 15.000 ausländischen Truppen aus Sicherheitsgründen ohnehin nicht abziehen. UNO-Generalsekretär Butros Ghali hat in seinem jüngsten Lagebericht für die nach seiner Einschätzung „kritische“ Rückzugsphase zwischen 60 und 120 Tage veranschlagt und um zusätzliche militärische Unterstützung der Mitgliedsstaaten gebeten, da die Gefahr feindlicher Aktionen gegen die UNO-Truppen bestehe.

Vertreter der Vereinten Nationen sind mit ihrem Ziel gescheitert, die Bürgerkriegsfraktionen doch noch vor dem Beschluß über den Truppenabzug zur Bildung einer gemeinsamen Regierung an den Konferenztisch zu bekommen. Somalias Hauptstadt Mogadischu ist in den letzten Tagen erneut Schauplatz heftiger Gefechte gewesen.

Ein Sprecher des Roten Halbmondes, der islamischen Schwesterorganisation des Roten Kreuzes, gab bekannt, daß die militärischen Auseinandersetzungen mindestens 37 Todesopfer und mehr als 400 Verletzte gefordert haben, darunter auch unbeteiligte Frauen und Kinder. Die jüngsten Kämpfe, die neun Tage gedauert haben, zeigen, wie brüchig und unbeständig Bündnisse in Somalia geworden sind: Die Hauptkontrahenten waren Fraktionschef Ali Mahdi, der den Norden der Hauptstadt kontrolliert, und der bis vor zwei Monaten noch mit ihm verbündete Mohamed Kanyare Afrah, der von Mahdi zum Vorsitzenden der gemeinsamen Organisation USC (Vereinigter Somalischer Kongreß) gekürt worden war, inzwischen jedoch dem Vernehmen nach auf die Seite von dessen Hauptrivalen General Farrah Aidid übergelaufen ist.

Älteste der beiden Clans, der Abgal und der Mursade, haben jetzt einen Waffenstillstand ausgehandelt. Wie lange er hält, ist fraglich. Eine Waffenruhe, die von denselben Vermittlern vor einigen Wochen vereinbart worden war, ist von den neuen Gefechten gebrochen worden.

Farrah Aidid hält unterdessen eine „Friedenskonferenz“ in der somalischen Hauptstadt ab, zu der er allerdings nur seine eigenen Verbündeten eingeladen hat. Ali Mahdi hatte ohnehin erklärt, nur einer Einladung der Vereinten Nationen Folge leisten zu wollen und jetzt vor neuen Kämpfen gewarnt, sollten die Teilnehmer der Konferenz versuchen, eine Regierung zu wählen. Bettina Gaus