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Unternehmen überzieht Kritiker mit Prozessen

■ Filterhersteller Brita scheint lieber die Marktlage als Wasser zu reinigen

Mit juristischen Maulkörben in Form von einstweiligen Verfügungen versucht die Firma Brita-Wasser-Filter-Systeme, ihre Kritiker ruhigzustellen. Nachdem mehrere Fachleute massive Vorwürfe gegen das Filtrat der Baby-Wasser- Filter erhoben hatten, nahm das Unternehmen diese erst mal vom Markt. Seitdem scheint es sich vor allem der Reinigung der Marktlage angenommen zu haben. Wenn die Prozesse gegen die Kritiker gelaufen sind, so Brita-Sprecher Marc Ritter, sei die erneute Einführung denkbar.

„Das Wasser war stark bakteriell verunreinigt“, bemängelt Professor Henning Rüden das Filtrat. Der Direktor des Berliner Instituts für Hygiene hatte Leitungswasser untersucht und für gut befunden, dann das Wasser gefiltert und erneut auf Bakterien untersucht. Ergebnis: „Im filtrierten Wasser war die Koloniezahl zu 90 Prozent höher als im Ausgangswasser.“ Das deckt sich mit Resultaten der Kölner Wasserwerke (GEW) und von Professor Franz Daschner, Direktor des Freiburger Instituts für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene. Daschner, Rüden und die GEW müssen sich seitdem mit Klagen des Herstellers herumschlagen.

Rüden machte einen folgenschweren Fehler: Er erklärte, daß das gefilterte Wasser „mehrheitlich den Richtwert der Trinkwasserverordnung“ überschritten habe. Dafür zerrte Brita auch ihn vor den Kadi. Nicht, weil das Unternehmen die Ergebnisse hätte widerlegen können, sondern weil die für Leitungswasser relevante Trinkwasserverordnung auf das Filtrat der Baby-Wasser-Filter keine Anwendung findet. So verbot ihm das Hamburger Landgericht, „den Eindruck zu erwecken, daß die Richtwerte der Trinkwasserverordnung die einschlägigen Kriterien für die Trinkbarkeit des Wassers ohne gesundheitliche Folgeschäden darstellten“.

Zwar befürchtete Rüden genau das – daß die Gesundheit der Kleinkinder gefährdet sei –, aber die Kriterien stehen an anderer Stelle: im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz. Dem entspricht der Baby-Wasser-Filter, da auf der Packung der Hinweis abgedruckt ist, daß das Wasser noch abgekocht werden soll. Die Kritiker bemängeln, der Hinweis klinge nach einem zusätzlichen Tip, nicht nach einem dringenden Erfordernis, das sich erst aus der Benutzung des Filters ergibt.

Brita zeigte jedoch mehr Interesse daran, wie potentielle Käufer die Ergebnisse deuten könnten. So habe Rüdens Kritik, gebrauchsneue Filter seien mit Pilzen kontaminiert, den Eindruck erweckt, daß dies „über die übliche Belastungsgefahr von nicht sterilisierten Haushaltsgegenständen mit Umweltpilzen hinausgehe“. Daraufhin kam Professor Konrad Botzenhart, Direktor des Tübinger Hygiene-Instituts, seinem Berliner Kollegen zu Hilfe: Es sei keineswegs so, daß solche Gegenstände „üblicherweise mit Umweltpilzen stark belastet seien. Dies mag für alte Socken zutreffen, aber nicht für Küchengeräte nach haushaltsüblich sorgfältiger Reinigung.“

Denn nach Meinung der drei Institutsdirektoren ist davon auszugehen, daß die Eltern, die einen Filter zum Schutz ihrer Kinder gekauft haben, besonders auf saubere Küchengeräte achten. Sie fordern, daß die strengere Trinkwasserverordnung auch auf Bedarfsgegenstände wie die kritisierten Baby-Wasser-Filter ausgeweitet werden sollte. Christian Arns

Weitere Berichte rund ums Wasser auf den Seiten 37 bis 39.

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